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"1938 habe ich aufgehört Kind zu sein" "1938 habe ich aufgehört Kind zu sein"
Bildung

"1938 habe ich aufgehört Kind zu sein"

Erika Kosnar ist neun Jahre alt, als sie als "Vierteljüdin" nicht mehr länger die Volksschule besuchen darf.
Vanessa Kogler
Donnerstag, 25. Jänner 2018
Verfasst am 25.01.2018 von Vanessa Kogler

Als "Vierteljüdin" hat Erika Kosnar, geborene Nemschitz, das Naziregime mitten in Wien überlebt. Sie ist neun Jahre alt, als sie nicht mehr länger die nahe Volksschule in der Brehmgasse in Simmering besuchen darf. Kurz zuvor, im September 1941, muss sich die Tochter eines „Halbjuden“ in der Taborstraße von den Nationalsozialisten den gelben Judenstern abholen. Auf der Schwedenbrücke überkommen sie im Beisein der Mutter die Gefühle: „Mutti, wenn ich da reinspringen würde, hätten wir keine Probleme mehr“, sagt sie damals mit Blick auf das Wasser.

Von den Nationalsozialisten als „Vierteljüdin“ kategorisiert, bekommt sie früh mit, was es heißt „anders“ zu sein. „Ich hab 1938 aufgehört Kind zu sein“, erzählt sie im W24-Gespräch. Nach dem offiziellen Schulverweis darf Erika noch ein Jahr lang die sogenannte „Mischlingsschule“ besuchen. Dann endet der Schulweg für die „Vierteljüdin“ in der damaligen Ostmark. Die aktuellen politischen Entwicklungen verfolgt die 86-jährige Wienerin mit Sorge. Über 100 Auftritte, in Schulen oder bei diversen Zeitzeugen-Gesprächen hat Erika Kosnar bereits absolviert. So lange sie kann, sollen noch viele weitere folgen.
Was Erikas Vater ihr mit auf den Weg gegeben hat: „Vergiss nie, dass du ein Mensch bist“. (vk)
Die Langversion des Interviews mit Erika Kosnar finden Sie hier: