Auto vs. Motorrad: Rücksichtnahme gefordert
Das Verhältnis zwischen Motorradfahrern und Autolenkern ist kein unbelastetes. In die Hälfte aller Motorrad-Unfälle ist ein Pkw involviert, im Jahr 2016 kamen bei solchen Zusammenstößen 38 Biker ums Leben. Mit dem Motorrad hat man einfach einen "Sichtbarkeitsnachteil", sagte ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold am Dienstag in Wien. Er forderte vor allem mehr Rücksichtnahme - von allen Seiten.
Unter dem provokanten Motto "Schuld sind immer die Anderen" präsentierten der ÖAMTC und die HDI Versicherung bei einer Pressekonferenz eine Umfrage unter 2.500 Personen - davon 60 Prozent Motorrad- und 40 Prozent Autofahrer. Das Ergebnis: "Für Motorradfahrer gehört es zu den gefährlichsten Situationen, wenn Autofahrer am Steuer telefonieren", berichtete ÖAMTC-Chef Schmerold. 63 Prozent der Motorradfahrer stuften das als sehr gefährlich ein. Fast die Hälfte gab an, dass diese Situation sehr oft vorkommt.
78 Prozent der Motorradfahrer empfinden es außerdem als sehr gefährlich, wenn Autofahrer Kurven schneiden. Einen Spurwechsel oder das Abbiegen ohne Blinker bzw. Schulterblick gaben 74 Prozent der Zweiradfahrer als Gefahr an. Auch diese Situation kommt laut jeden zweiten Biker sehr oft vor.
"Der Appell an die Autolenker von Motorrad-Seite lautet daher: Bitte mehr schauen!", sagte Georg Scheiblauer, Motorrad-Experte der ÖAMTC-Fahrtechnik am Dienstag. "Übersehen zu werden zählt zu den größten Ängsten von Motorradfahrern", fügte er hinzu.
Auch Autofahrer wurden in der Umfrage zu den von ihnen wahrgenommenen Gefahren befragt. 64 Prozent der Pkw-Lenker halten zu dichtes Auffahren von Motorradfahrern für gefährlich. 74 Prozent stuften das Kurvenschneiden als Gefahr ein. "Das viel diskutierte Vorbeischlängeln von Bikern kommt laut unserer Befragung zwar häufig vor, wird aber von Autofahrern nur selten als gefährlich eingestuft", sagte Günther Weiß, Vorstandsvorsitzender der HDI Versicherung.
83 Motorradfahrer starben 2017 im österreichischen Straßenverkehr, im Jahr 2016 waren es sogar 85. Bei Kollisionen mit Pkw kamen 2016 genau 38 Motorradfahrer ums Leben - das sind 44,7 Prozent aller in diesem Jahr tödlich verunglückten Motorradfahrer. "Faktum ist, dass Kollisionsunfälle einen Großteil der Motorradunfälle darstellen", berichtete Scheiblauer und erläuterte weiter: "Kollisionsunfälle wiederum finden zu 80 Prozent mit Autos statt, 20 Prozent dann mit Radfahrern, Fußgängern, Lkw und so weiter."
Dass immer die anderen schuld sind, ist für Weiß eine Frage der Perspektive. Er sprach in diesem Zusammenhang von "Egozentrismus" und kritisierte: "Wenn ich im Auto sitze, bin ich Autofahrer. Wenn ich am Motorrad sitze, bin ich Motorradfahrer. Wenn ich am Radl sitze, bin ich Radfahrer." Mehr Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer und ganz allgemein eine defensive Fahrweise forderte auch Schmerold. Man solle nicht nur an die eigene Sicherheit denken, sondern auch an die Sicherheit anderer. Außerdem sei eine gute Fahrtechnik Voraussetzung dafür, dass man sich auf den Verkehr konzentrieren kann. "Und bitte nicht ablenken lassen", so Schmerold. (apa)