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Rabbiner Hofmeister: „Judenregistrierungen? Das kann nicht ernstgemeint sein!" Rabbiner Hofmeister: „Judenregistrierungen? Das kann nicht ernstgemeint sein!"
Religion

Rabbiner Hofmeister: „Judenregistrierungen? Das kann nicht ernstgemeint sein!"

Die Pläne des FPÖ Landesrates Waldhäusl zur Eindämmung des Schächtens stoßen auf viel Kritik.
Siniša Puktalović
Mittwoch, 18. Juli 2018
Verfasst am 18.07.2018 von Siniša Puktalović

FPÖ-Landesrat Waldhäusl will das Schächten eindämmen.  "Aus der Sicht des Tierschutzes wäre Schächten für mich generell abzulehnen." Man prüfe daher alle gesetzlichen Möglichkeiten, um das Schächten einzudämmen. Geprüft werde auch, ob der Fleischbedarf an den Wohnsitz gekoppelt werden kann. "Wir sind in Niederösterreich nicht dazu da, um den Wienern das geschächtete Fleisch zur Verfügung zu stellen", so der freiheitliche Landesrat.

Bei der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) interpretiert man das Vorhaben Waldhäusls so, dass Schlachthöfe und koschere Verkaufsstellen künftig Listen ihrer Kunden führen werden müssen. „Wenn man die Forderung logisch zu Ende denkt, dann führt das unweigerlich zu einer behördlichen Registrierung von Juden und ihrer jeweiligen Religiosität,“ so Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister gegenüber W24. „Ideen jüdischer Listenführungen gibt es schon lange, aber dass das in Österreich im Jahr 2018 gefordert wird, das kann nicht ernstgemeint sein.“

Scheinargument

Wenig kann Hofmeister auch der Argumentation abgewinnen, dass es sich hier um eine Maßnahme zum Tierschutz handelt. „Das ist nur ein Scheinargument. Das Schächten deckt sich mit dem Tierschutz“, sagt Hofmeister.

Er gibt zu Protokoll, dass auch viele nicht-jüdische Mitbürger koscheres Essen kaufen, „weil koscheres Essen strengen Kontrollen und Vorgaben“ unterliege. „Das ist nicht nur ein Eingriff in die Religionsfreiheit, sondern auch in die Ernährungsfreiheit“, so Hofmeister. Realitätsfremd seien diese Forderungen und eine pure Provokation.

Zwischen FPÖ und SPÖ ist in der Zwischenzeit ein Streit darüber entbrannt, wer Urheber des Vorhabens ist. Der ehemalige SPÖ-Landesrat Maurice Androsch hatte im September 2017 in einem Informationsschreiben über Rituelle Schlachtungen - damit ist Schlachten ohne Betäubung vor dem Blutentzug gemeint - festgehalten, dass die Prüfung zwingender religiöser Gründe immer auf den Einzelfall und eine konkrete Person bezogen erfolgen müsse. Die Info ging damals an die Veterinärabteilungen der Magistrate und die Bezirkshauptmannschaften.

"Waldhäusl vollzieht es" 

Androsch erklärte am Donnerstag in einer Aussendung, dass sein Schreiben überhaupt nichts mit dem aktuellen Plan seines FPÖ-Nachfolgers zu tun habe. Die Information habe sich ausschließlich auf Personen bezogen, die Schlachtungen durchführen. "Waldhäusl will Listen von jenen Menschen anlegen, die geschächtetes Fleisch kaufen. Meine Information an die Behörden legt ausschließlich die Regeln fest, welche Voraussetzungen Personen erfüllen müssen, die selbst Schlachtungen durchführen, und wie das Bewilligungsverfahren der zuständigen Behörde abläuft", berichtete Androsch.

FPÖ-Landesrat Waldhäusl sah dies indes anders. "Jeder der jetzt schreit, sollte vorher nachdenken. Wer hat das gemacht? Nicht der Waldhäusl, nicht die FPÖ, sondern ein roter Landesrat, der Waldhäusl vollzieht es", erklärte der freiheitliche Landesrat im Ö1-"Mittagsjournal".

Schneeberger (ÖVP):  "Es wird eine Art Registrierung geben müssen"

In der niederösterreichischen ÖVP ist man über die aktuelle Diskussion nicht glücklich. Die Ermittlung des persönlichen Bedarfs aus religiösen Gründen sei schwierig, meinte ÖVP-Klubobmann Walter Schneeberger auf Ö1. "Das ist die Gretchenfrage. Es wird eine Art Registrierung geben müssen", so Schneeberger, der eine Registrierung am Mittwoch noch ausgeschlossen hatte. "Wir arbeiten an einer praxisnahen Lösung. Ich wäre jetzt überfordert, ihnen diese Lösung zu sagen, wie sie aussieht. Die Sensibilität der Thematik macht es so schwierig." In der ÖVP hofft man, dass man in den nächsten Wochen eine Neuregelung vorlegen kann. (APA/red)

Foto: Schlomo Hofmeister