Wien will weg vom Massentourismus
Weg von den Massen, hin zu mehr Nachhaltigkeit: So lässt sich das Credo des Wien-Tourismus für die kommenden Jahre zusammenfassen. Anders als bisher werden Nächtigungszahlen nicht mehr das Maß aller Dinge sein. Vielmehr konzentriert man sich auf ein Plus bei Hotelumsätzen und Wertschöpfung - und das im Einklang mit der hiesigen Bevölkerung, wie Tourismus-Chef Norbert Kettner am Dienstag erklärte.
"Wir wollen Wachstum, aber nicht mit der Brechstange", sagte Kettner bei der Präsentation der "Visitor Economy Strategie 2025". Insofern gebe es kein Nächtigungsziel mehr: "Auf den bisherigen Goldstandard verzichten wir." Im jetzt auslaufenden Konzept hatte man sich 18 Millionen Nächtigungen bis Ende dieses Jahres vorgenommen - eine Kennmarke, die in Reichweite scheint. 2018 hielt man bei 16,5 Millionen Nächtigungen.
Zielsetzungen gibt es aber weiterhin. So soll die durch den Fremdenverkehr generierte Wertschöpfung von zuletzt 4 auf 6 Mrd. Euro steigen. Für den Nächtigungsumsatz strebt die Stadt gleich einen Zuwachs um zwei Drittel an - von 900 Mio. auf 1,5 Mrd. Euro, wie Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erläuterte. Kettner sprach von "wirklich ambitionierten" Zielen, an denen man auch scheitern könne. Aber es bringe nichts, sich etwas vorzunehmen, was ohnehin eintreffen werde.
Statt auf Masse setzt man also auf Klasse - was sich auch in den Werbeaktivitäten widerspiegeln soll. Marketingtechnisch ziehe man sich damit von allem zurück, "was Massentourismus ist". Auch mit Billigfluglinien werde man weniger kooperieren. Und an der Internationalen Tourismusmesse in Berlin (ITB) werde man ebenfalls nicht mehr teilnehmen, sagte Kettner. "Massentourismus braucht kein Marketing, sondern Regulierung", zeigte er sich überzeugt. Das Problem sei gar nicht die Anzahl der Köpfe, sondern "das schnelle Geld auf Kosten des öffentlichen Raums und auch auf Kosten der Einwohner".
Insofern ist der Tourismus-Chef auch froh über die geplanten Regeln für sogenannte Mozart-Ticketverkäufer. Auch auf E-Scooter oder E-Oldtimer müsse man ein Auge haben: "Manchmal müssen wir auch Spielverderber sein." Man könne gewisse Dinge zwar nicht verbieten, "aber wir müssen es nicht auch noch fördern". Ansetzen will Kettner in Kooperation mit dem Rathaus auch bei Busgruppen, die lediglich in bestimmte Lokale oder Souvenirshops gekarrt werden.
Damit will der Wien-Tourismus auch dafür sorgen, dass die Wiener den Gästen gewogen bleiben. Immerhin stehen neun von zehn Hauptstädter dem Tourismus derzeit positiv gegenüber - und das soll auch so bleiben, wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) meinte: "Wir wollen keine reine Touristenstadt sein, keine Disney-City."
Künftig sollen sich die Gäste in der Hauptstadt auch besser verteilen. Dafür wird der Wien-Tourismus eine eigene Strategie erarbeiten. Die Stadt soll in eine Handvoll unterschiedliche regionale Cluster unterteilt werden, für die es dann ein eigenes Marketing geben wird.
Das Thema Nachhaltigkeit will man nicht zuletzt mit umweltfreundlicherer Mobilität bespielen. Derzeit reist rund die Hälfte der Besucher per Flugzeug an. Mit dem Auto kommen 26 Prozent, mit der Bahn 21 Prozent. Das Verhältnis von Auto und Bahn soll sich bis 2025 umgedreht haben. Gelingen soll das mit Marketingaktivitäten in nahegelegenen Herkunftsmärkten. (APA/Red)