Wanda mit neuem Album "Ciao!"
Es läuft und läuft und läuft: Wanda hat zuletzt abgeräumt wie kaum eine andere heimische Band. Seit vor fünf Jahren "Amore" erschienen ist, eilen die Wiener Musiker um Sänger Marco Michael Wanda von einem Erfolg zum nächsten. Am 6. September erscheint mit "Ciao!" das bereits vierte Werk des Quintetts, das zunehmend neue Töne zulässt - wenn auch unbewusst, wie im APA-Interview deutlich wurde.
APA: Sie haben schon klar gemacht, dass "Ciao!" kein Abschied ist. Auf dem Albumcover sieht man die Band winkend auf einem Schiff. Sind Sie zu neuen Ufern aufgebrochen?
Marco Michael Wanda: Die Frage wurde uns so oft gestellt, und ich habe immer noch keine Antwort. (lacht) Ich muss mir eine neue Lüge ausdenken. Es ist viel passiert die letzten Jahre - in unserer Gesellschaft, unserem Land, der Welt irgendwie. Auch in uns als Menschen und Band. Wir haben uns gefragt, wo es hingeht. Daher haben wir ein bisschen die Spielregeln verändert und anders aufgenommen als sonst. Bisher waren wir in Wiener Kellerstudios, wo man kettenrauchend im Kreis geht. Alles war sehr verstreut, hat lang gedauert. Die Idee war nun, das Leben, das wir auf Tour gemeinsam führen, auf Platte zu bringen. Deshalb haben wir ein Haus gemietet an der tschechischen Grenze und das Ding an zehn Tagen in einem einzigen Raum eingespielt.
APA: Hat die Melancholie, die sich beim Vorgänger "Niente" eingeschlichen hat, Ihnen die Möglichkeit gegeben, auch diesesmal offener zu sein?
Wanda: Wir machen jedes Mal aufs Neue das, was wir können. Wie sich das entwickelt oder wie wir uns als Musiker entwickeln, das war nie das Ziel der Band. Das war eher, sich mit dem Geist auseinanderzusetzen und als Mensch zu wachsen. Mir ist wichtig, dass wir noch gesund sind. Dass wir nicht abhängig sind von irgendwelchen Mitteln, was wir ganz gut geschafft haben. Und dass wir immer noch die Kraft haben, das zu tun und dass wir es immer noch lieben. Wenn man so lebt und denkt, dann entwickelt sich die Musik eigentlich von selbst.
APA: Müssen Sie Erwartungen erfüllen?
Manuel Poppe: Ich wüsste gar nicht, was eine Erwartung wäre, die das Publikum oder sonstige Leute an uns stellen. Wesentlich ist, dass sehr viele sich freuen, dass wir noch ein Album machen. Einigen wird es taugen, anderen vielleicht nicht. Der weiteste Blick weg wird immer noch nach Wanda klingen. Ich spüre keinen Druck diesbezüglich.
APA: Einige Nummern wie "Vielleicht" klingen doch sehr anders. Wie natürlich sind solche Stücke gewachsen?
Wanda: In dem Haus ist irgendwie keine schlechte Musik passiert. Ich weiß aber nicht, was anders ist. Wir spielen immer auf Augenhöhe mit unserer Fähigkeiten. Neu ist, dass es zwei Kompositionen gibt, die nicht ich geschrieben habe. Eben "Vielleicht" von Christian Hummer (Keyboarder) und "Alma" von Reinhold Weber (Bassist, Anm.). Zwei sehr schöne Stücke. Das macht das Album noch mal vielfältiger. Ich beschäftige mich nicht mit Innovation, mir ist das als Musiker nicht wichtig. Aber ich bin sehr dankbar, dass Paul Gallister das tut. Er ist ein Produzent, der in guter Weise nicht mehr so leicht zu befriedigen ist wie noch vor sechs Jahren. Ich kann ihm nicht mehr jedes Lied unterschieben. (lacht)
APA: Und in der Band selbst: Schaut man da mittlerweile noch genauer auf die Ideen des anderen?
Poppe: Ein Lied benennt sich von alleine. Als wir die ersten Versionen von "Alma" und "Vielleicht" gehört haben, war sofort klar, dass die aufs Album müssen. Da hat man nicht gegrübelt oder abgewogen.
Wanda: Wir machen mittlerweile schon so lange und intensiv diese Musik - wir sind diese Musik! Alle musikalischen Elemente sind längst eingegangen in uns als Musiker. Das ist wie ein abgestecktes Feld. Wir sind sehr bemüht, dieser Musik treu zu bleiben. Innerhalb dieser Grenzen ist viel möglich. Aber es wird niemals irgendwelche abgefahrenen Experimente geben.
APA: Ist das Gefühl also wichtiger als der Kopf?
Wanda: Ja. Man weiß schon, was da hingehört. Das spüren alle. Man muss aber auch lernen, Dinge gehen zu lassen, Ideen zu verwerfen. Es ist kein Platz im Musikmachen für Eitelkeit. Wenn etwas scheiße ist, ist es scheiße. Und das weiß man in Wahrheit immer selbst.
APA: War das diesmal oft oder selten der Fall?
Wanda: Ich habe die Arbeit als sehr präzise empfunden. In zehn Tagen eine Platte einspielen, das ist was. Da ist schon was passiert in dem Haus. Vielleicht auch, weil wir mit den Menschen in dem Dorf ein Stück weit mitgelebt haben. Das Grundstück hatte keine Zäune, war total einsichtig. Alle wussten, wer wir sind. Aber nicht einmal ist jemand gekommen, der etwas wollte. Außer einmal ein paar Kinder, von denen ich glaubte, dass sie Autogramme wollen. Aber das hat sie nicht interessiert, sie wollten nur Fußball spielen. (lacht) Dann haben wir halt mit denen gekickt.
APA: Ist diese Platte weniger Stadt, sondern mehr Land?
Poppe: Vielleicht atmet sie ein bisschen mehr.
Wanda: Es war vor jedem Fenster Wald, das macht was. Wir haben aber auch biografisch sehr viel Landbezug. Meine Eltern wohnen im Waldviertel, Lukas Hasitschka (Schlagzeuger, Anm.) ist in der Steiermark am Land geboren. Ich habe das Gefühl, ein Teil dieser Musik war immer beseelt von Feld, Wald, Erde, Luft. Wanda ist nicht zwingend eine urbane Band. Das spiegelt sich auch im Publikum wieder. Vielleicht waren "Amore" und "Bussi" wirklich ein Dramolett der Großstadtbar. (lacht) Aber immer mit dem Sehnsuchtsort Land. "Niente" und "Ciao!" sind jedenfalls luftig. Sie atmen nicht Smog, sondern Vögel und Blüten.
APA: ...und zwischendurch einen Tschick vielleicht...
Wanda: Und natürlich Tschick, ja! (lacht)
APA: Nun läuft es mit Wanda seit fünf Jahren höchst erfolgreich. Was haben Sie in dieser Zeit gelernt?
Wanda: Ich bin ganz stolz, wie sich diese Band zusammengehalten hat. Für mich hat sich eigentlich das Versprechen vom Anfang bewiesen: Ja, es wurde eine geistige Reise. Und ja, es hat unser Leben woanders hingebracht und zum Besseren gewendet. Das war das Ziel bei der Gründung dieser Gruppe, das hat sich eingelöst. Darauf bin ich sehr stolz. Was ich wirklich gelernt habe, ist, dass ich eigentlich eh Recht hatte. (lacht) Es war die richtige Entscheidung, diesen Lebensweg zu wählen, es hat mich nicht ins Verderben gestürzt. Wenn überhaupt, habe ich gelernt, nicht kaputt zu gehen. Das ist wahrscheinlich das Größte, was man in diesem Geschäft lernen kann.
Poppe: Ich habe gerade überlegt, was ich herausgefunden habe. Nicht betrunken auf die Bühne gehen erhöht die Leistungsfähigkeit. (lacht) Das ist viel angenehmer. Es war früher auch nicht so schlimm, aber sich verkatert vom Day-off auf die Bühne quälen, macht auch keinen Spaß.
APA: Vielleicht funktioniert so was noch im kleinen Club, aber in der Stadthalle vor 15.000 Fans wohl nicht...
Wanda: Ja, in der Stadthalle schief stehen und nach Alkohol stinken, das verliert den Charme auf jeden Fall. (lacht) (APA)