Weihnachten können wir nur gemeinsam retten
Es ist wie verhext: war es doch im März auch ein Freitag, der 13., an dem Österreich erstmals die Weichen für einen in der zweiten Republik noch nie dagewesenen erzwungenen Verschlusszustand gestellt hat.
Jetzt ist es wieder soweit. Nach einer sommerlichen Phase der Entspannung müssen wir wieder zusammenhalten und "es" gemeinsam durchstehen. Wir werden - wie es die Bundesregierung am Samstag nun überhaupt nicht mehr ganz so überraschend angekündigt hat - mit den harten Einschränkungen bis einschließlich Sonntag, 6. Dezember, leben müssen – sofern die Coronavirus-Neuinfektionszahlen bis dorthin wirklich substanziell niedriger geworden sind.
Ob es uns passt oder nicht. Ob wir die Wahl haben oder nicht. Ob wir wütend sind oder erleichtert - offensichtlich bleibt uns gar nichts anderes mehr übrig, als die Zahlen wieder wie damals mit gemeinsamer Kraftanstrengung runterzudrücken, um nicht demnächst Bilder wie in Bergamo oder belgischen sowie tschechischen Krankenhäusern live vor unserer Haustüre erleben zu müssen. Noch ist es zum Glück nicht soweit. Die immer lauter werdenden Warnrufe der Mediziner in den vergangenen Tagen haben die Alarmglocken nun aber so kräftig klingeln lassen, dass schließlich überhaupt nichts mehr ging.
Plötzlich Schlusslicht
Angesichts dessen, dass der ehemalige und damals von vielen Seiten beneidete „Corona-Musterschüler Österreich“ ungemein rasant, für viele überraschend und fast willkürlich in eine derart bedrohliche Corona-Situation abgedriftet ist, bleibt uns tatsächlich kaum etwas Anderes übrig, als die "Läden wieder komplett dicht" zu machen. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist Österreich mittlerweile jenes Land mit der höchsten Infektionsrate - und das leider weltweit. Warum das plötzlich nun so ist? Das ist Gegenstand von wilden Spekulationen. Der Alarmzustand ist jedenfalls nicht mehr von der Hand zu weisen.
Ein letzter Push zum noch dynamischeren Hochschnellen der Covid-Infektionsrate dürfte den Herbstferien geschuldet sein, als Tüpfelchen auf dem i gilt das Halloween-Wochenende als mögliches Spreader-Event. Hier mögen sich viele - vor allem auch junge Menschen - noch einmal gedacht haben: Einmal noch feiern, bitte. Grundsätzlich ist es aus menschlicher Sicht mehr als verständlich, dass vor allem die (junge) Lebenslust in einem schwierigen Jahr wie diesem zwischenzeitlich völlig unkontrolliert rausgebrüllt werden muss. Sie hat heuer verständlicherweise vielfach unter zahlreichen Einschränkungen gelitten. Dem Gesundheitszustand des gesamten Landes zuträglich war das Party-Versteckspiel offensichtlich nicht, wie nun leider festzustellen ist.
Aufgebrachte Netzgemeinde
Dass auch unsere W24-User auf unseren Social-Media-Kanälen sehr aufgebracht sind und ihre Meinungen mit Nachdruck vertreten, ist verständlich. Viele zeigen sich von der Bundesregierung enttäuscht - unter Umständen sogar weniger wegen der nun folgenden und vermutlich auch wichtigen Regelungen, die nun einzuhalten sind.
Vielmehr aber auch besteht Ärger darüber, dass Spekulationen medial angeheizt worden sind, die Bevölkerung aber dennoch darüber tagelang im Unklaren gelassen wurde, wie ernst es um das Land wirklich steht. Vermutungen sind aufgekommen, dass Entscheidungen aufgrund von wirtschaftlichen Aspekten herausgezögert wurden. Wohl auch zu Recht. Ob die vielfach umstrittene Show- und Ankündigungspolitk des virologischen Quartetts in einer derart sensiblen Phase der Gesellschaft zuträglich gewesen sind? Anhand der vielen negative Reaktionen, die die neuen (alten) Regierungsmaßnahmen hervorrufen, lässt sich ableiten, dass sich hier offenbar eine enorme subversive oder auch öffentlich zur Schau gestellte Wut aufgestaut hat. Wut, die bei der gemeinsamen Bekämpfung der Pandemie allerdings extrem hinderlich sein könnte.
Zusammenhalt ist gefragt
Müssten die strengen Maßnahmen nun auch über den 6. Dezember hinaus aufgrund von Wirkungslosigkeit verlängert werden, haben wir alle zusammen ein veritables Problem: Weihnachten, so wie wir es kennen, fiele komplett ins Wasser. Ein Fest in Selbstisolation – und das weitgehend ohne Familienangehörige oder Freunde? Eine grauenvolle Vorstellung, die allerdings Wirklichkeit werden könnte, wenn wir jetzt nicht noch ein zweites Mal zusammenstehen und der neuerlichen extremen Phase der Entbehrung auch mit Ruhe, Würde und Geduld begegnen. Wie wir im Frühjahr gesehen haben, benötigen Maßnahmen Zeit. Immerhin haben sie uns einen weitestgehend „normalen“ Sommer geschenkt – auch wenn in dieser schönen Jahreszeit vieles sprichwörtlich „verschlafen“ wurde. Aus diesen Fehlern muss jetzt – auch nach dem zweiten Lockdown – unbedingt gelernt werden. (hh)
Bild: Weihnachten 2019, Rathausplatz, (c Huss)