Kein Anstieg von häuslicher Gewalt in Wien
Zwei Wochen nach Einführung der Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus ist in Wien kein befürchteter Anstieg häuslicher Gewalt zu verzeichnen. Es gibt "keine signifikante Änderung", sagte Polizeisprecher Daniel Fürst. Gewaltdelikte auf der Straße - wie Raub und Körperverletzungen - sowie Einbrüche sind dagegen rückläufig.
Dafür ist eine Verlagerung auf andere Deliktformen möglich. Die Cybercrime-Anzeigen könnten nach oben gehen, sagte der Sprecher. Aber auch hierbei sei "noch kein deutlicher Anstieg" verzeichnet worden.
Einsätze wegen des Covid-19-Maßnahmengesetzes hat die Wiener Polizei derzeit verstärkt zu leisten - am Wochenende gab es deshalb 699 Anzeigen. Dabei handle es sich um "Personen, die uneinsichtig sind", sagte Fürst. Die Missetäter würden etwa nicht verstehen wollen, um was es bei Regelungen wie dem einen Meter Abstand geht. Fallweise seien die Beamten auch mit falschen Behauptungen konfrontiert, dass jemand infiziert sei.
Bei der Frauen-Helpline 0800-222-555 gab es aus ganz Österreich "in der vergangenen Woche 50 Prozent mehr Anrufe", sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF). "Die Hälfte davon hängt mit Gewalt zusammen", erläuterte sie. Die Beratungsgespräche würden zunehmen. Die andere Hälfte des Zuwachses habe mit Verunsicherung zu tun, wie mit der aktuellen Situation umzugehen sei.
Die Fragen der Betroffenen drehen sich laut Rösslhumer etwa darum, ob derzeit noch ein Platz im Frauenhaus frei ist, oder: "Wie kann ich mich vorbereiten auf eine Flucht, wenn der Partner ständig da ist?" Bei getrennt lebenden Eltern übe der Partner oft Macht auf die Frau aus und setze dabei das Kind als Druckmittel ein. Männer, die nun arbeitslos geworden oder in Kurzarbeit sind, versuchten auch Unterhaltszahlungen zu reduzieren, erläuterte Rösslhumer.
Die Beratungsgespräche in den Frauenhäusern in Österreich hätten teilweise zugenommen. "Die Herausforderungen sind recht groß auf verschiedenen Ebenen", sagte die AÖF-Geschäftsführerin. Die Personalressourcen in den Häusern seien knapper geworden und man wolle auch keine Quarantäne in den Einrichtungen riskieren.
Die Situation "kann zu mehr Gewalt führen", es müsse aber auch nicht sein. Anspannung und Ängste bei Frauen würden jedenfalls steigen. Mit Fortdauer der Beschränkungen erwartet Rösselhumer "schon mehr, wenn man sich die Zahlen der Arbeitslosigkeit anschaut". Damit steige laut Studien auch die häusliche Gewalt. (APA)