Fremdenführer: „Für viele ist es eine Katastrophe"
Ein einsamer Fiaker am Michaelerplatz, eine relativ leere Innenstadt. Das Corona-Virus hat den heimischen Tourismus in die Knie gezwungen, vor allem in der Bundeshauptstadt. Nicht nur Hotelbetreiber, Gastronomie und Reiseveranstalter leiden. Besonders betroffen sind auch die rund 800 Fremdenführerinnen und Fremdenführer in Wien. Seit kurzem dürfen sie wieder Führungen anbieten, ab Freitag auch in größeren Gruppen. „Auf der einen Seite sind wir froh, dass wir arbeiten dürfen, andererseits fehlen natürlich die Touristen“, sagt die für Fremdenführer zuständige Fachgruppenobfrau für Freizeit- und Sportbetriebe in der Wiener Wirtschaftskammer, Gerti Schmidt. „Für viele KollegInnen ist es eine Katastrophe“.
Viele Rücklagen aufgebraucht
Weil die Saison eigentlich erst so richtig mit Ostern startet, haben viele ihre Rücklagen bereits aufgebraucht. Besonders hart trifft es jene, die auf Publikum aus dem Ausland angewiesen sind. Während einige zwischenzeitlich die Branche wechseln, haben andere Guides schon aufgegeben. Viele versuchen sich auch hier mit Kreativität durch die Krise zu manövrieren – mit neuen virtuellen Führungen, Grätzeltouren oder speziellen Kinderführungen.
Wie effektiv hilft der Härtefallfonds?
Die Ausweitung des Härtefallfonds sei enorm wichtig und gebe Hoffnung, sagt Schmidt. Von bürokratischen Hürden in Sachen staatlicher Hilfe erzählt dagegen Miriam Weberstorfer. Sie veranstaltet mit ihren Unternehmen Archäo Now interaktive Rätselrallys in der Wiener Innenstadt. Aus dem Härtefallfonds hat sie bisher insgesamt 1.500 Euro bekommen. Ihre zwei Mitarbeiter kann sie – dank Rücklagen und Stundenreduktion noch behalten. Auch wenn seit knapp zwei Wochen wieder Führungen erlaubt sind, die Buchungslage schaue schlecht aus. „Es ist noch nicht überstanden, es gibt nur vereinzelt Buchungen.“
Kulturvermittler passen Programme an
Die Zeit der Quasi-Berufssperre hat Weberstorfer genutzt um ein neue Tour mit Augmented- und Virtual Reality-Elementen vorzubereiten.“Escape the Hofburg“ soll voraussichtlich im Juli starten. Ihr bisheriges Programm hat Weberstorfer angepasst. „Wir bieten mehrere Termine auch für Kleingruppen an und haben unter anderem ein Familienticket entwickelt“, so die Kulturvermittlerin.
Hoffnung auf „Urlaub daheim“
Ideen gibt es mehr als genug. Über 400 Themenführungen in 12 Sprachen haben allein die geprüften Wiener Fremdenführerinnen und Fremdenführer im Angebot. Sie wollen mit ihrem speziielen Programm „Urlaub daheim“ vor allem die Wienerinnen und Wiener ansprechen. Ob es gelingt, bleibt abzuwarten. Fraglich ist auch, ob sich die Menschen geführte Touren leisten können und wollen. Die Hoffnung, dass die ersten Grenzöffnungen, wie Mitte Juni zu Deutschland, wieder Touristinnen und Touristen nach Wien bringen, bleibt bestehen. (vk)