Corona: 2G für Experten nicht ausreichend
Über eine Woche nach Inkrafttreten der 2G-Regelung, die den Zutritt zur Gastronomie, zu Konzerten, Sportveranstaltungen oder zum Friseur nur noch Geimpften oder Genesenen gestattet, ist vor allem in den am stärksten betroffenen Bundesländern keine ausreichende Bremswirkung auf das epidemiologische Geschehen in der vierten Corona-Welle belegt. Diesen Schluss lässt das am Mittwoch erstellte Update des Covid-Prognosekonsortiums zu.
"In den letzten Tagen wurde eine Reduktion der Wachstumsrate der täglichen Neuinfektionen auf hohem Niveau beobachtet, die möglicherweise auf durchgeführte Boosterimpfungen und die strengeren Zugangsregimes im Dienstleistungsbereich zurückgeführt werden können. Das Bremspotenzial dieser Maßnahmen ist aber aktuell unzureichend, um kurzfristig eine nachhaltige Senkung der Inzidenzen herbeizuführen", heißt es der Prognose-Vorschau. Dass die intensivmedizinischen Kapazitäten (ICU) für Covid-19-Patientinnen und -Patienten in naher Zukunft nicht mehr reichen, muss demnach in sämtlichen Bundesländern befürchtet werden.
Konkret beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die systemkritische Auslastungsgrenze von 33 Prozent im ICU-Bereich in zwei Wochen überschritten wird, in Oberösterreich 97,5 Prozent - und ist damit gegenüber der Vorwoche um weitere 2,5 Prozentpunkte gestiegen. In Salzburg und Vorarlberg beträgt sie 84 Prozent - ein Plus von jeweils 19 Prozent gegenüber der letztwöchigen Einschätzung. Alarmierend sieht es dem Covid-Prognosekonsortium zufolge mittlerweile auch in Tirol aus, wo am 1. Dezember mit einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit die 33-prozentige Auslastungsgrenze nicht mehr reicht. Bezogen auf ganz Österreich beträgt die Wahrscheinlichkeit 65 Prozent und ist damit gleich hoch wie am vergangenen Mittwoch - nicht unbedingt ein Indiz, das für die Wirksamkeit der 2G-Regel spricht.
Mit Abstand am besten stehen in dieser Hinsicht Wien und das Burgenland da, wo jeweils mit einer 15-prozentigen Wahrscheinlichkeit die ICU-Kapazitäten für schwer an Covid-19 Erkrankte nicht mehr genügen. In Kärnten sind es 30 Prozent, in der Steiermark 35 Prozent und in Niederösterreich 65 Prozent.
Bezüglich der Belagprognose in den Spitälern halten die Experten fest: "Aufgrund des Zeitverzugs, mit dem inzidente Fälle medizinische Behandlung in Spitälern benötigen, ist selbst dann mit weiteren schweren Verläufen in den Spitälern zu rechnen, wenn die Dynamik des Fallgeschehens zurückgehen sollte." Ein prognostizierter Fallanstieg bedeute daher in weiterer Folge "prognostizierte Anstiege in der Betteninanspruchnahme".
Was die Fallzahlen betrifft, rechnen die Fachleute weiterhin mit einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz, die am Mittwoch - mit 14.416 Neuinfektionen binnen 24 Stunden trauriger Rekordtag in der Pandemie - österreichweit bei 953,2 Fälle je 100.000 Einwohner lag. Am 24. November ist eine Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 1.048 und 1.442 zu befürchten. Am dramatischsten dürfte sich die Lage in Salzburg entwickeln, wo es zumindest 2.187, im schlimmsten Fall 2.793 neue Fälle innerhalb einer Woche je 100.000 Einwohner geben wird. In Oberösterreich ist im Worst-Case-Szenario mit einem Wert von knapp 2.500 zu rechnen.
Sieben-Tage-Inzidenzen jenseits der 1.000er-Marke dürften in jedem Fall auch Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Niederösterreich erreichen. Auch in dieser Hinsicht sind Wien und das Burgenland am wenigsten gefährdet, wo sich am 24. November die Sieben-Tage-Inzidenzen zwischen 513 und 818 bzw. 572 und 914 bewegen dürften.
In den heimischen Krankenhäusern sind am Mittwoch 486 Covid-Kranke auf Intensivstationen und 2.237 auf Normalstationen behandelt worden. Auch diese Zahlen werden aus Sicht des Covid-Prognosekonsortiums steigen, sollte dem Infektionsgeschehen nicht Einhalt geboten werden. Die Experten rechnen Ende November mit dem Überschreiten der 600er-Grenze im ICU-Bereich. Am 1. Dezember wird dann in einem Mittelwert von bereits 744 Patientinnen und Patienten auf Covid-Intensivstationen ausgegangen, wobei allein in Oberösterreich der prognostizierte Mittelwert bei 172 liegt.
Auf den Normalstationen dürften am 1. Dezember zwischen 2.527 und 4.083 Covid-19-Kranke Betten- und Behandlungsbedarf haben. Auch da liegt Oberösterreich wieder ganz vorne - mehr als 1.000 Covid-Patientinnen und -Patienten sind in diesem Bundesland nicht ganz ausgeschlossen. Deutlich mehr stationäre Covid-Fälle mit einem nicht lebensbedrohlichen Verlauf als in der 1,9 Millionenstadt Wien werden in der Steiermark und in Niederösterreich vorhergesagt. (APA)