ÄNN: "Sie haben mich "Missgeburt" genannt."
„Anders sein“ ist etwas Gutes – aber es ist nicht immer leicht. Vor allem, wenn man als Kind eines Österreichers und einer Brasilianerin in Tirol aufwächst, und die Hautfarbe etwas dunkler ist, als die der anderen Kinder. Dann kann „anders sein“ bedeuten, dass es einem schwer gemacht wird, dazu zu gehören.
So war das auch bei Sängerin ÄNN, die eigentlich Alina Nimmervoll heisst. „So mit 8 Jahren hat es begonnen – mit Kleinigkeiten. Die Kinder sagten, ich würde so aussehen, weil ich so viel Kakao trinke“, erzählt die mittlerweile 24jährige im Interview mit W24 Musikexperte Peter Schreiber. Aus den „Kleinigkeiten“ wurde mehr. „Sie nannten mich "Missgeburt". Irgendwann haben sogar die Grosseltern einer Mitschülerin angerufen und gesagt: „Ihr seid so braun wie Scheisse, deshalb greift euch niemand an. Schleichts euch zurück, wo ihr hergekommen seid“. Und sie erzählt es mit einem bemühten, aber gequälten Lächeln. Tut so, als wäre das keine große Sache. Beschwichtigt, dass es anderen Leuten bestimmt schlimmer ergangen sei und entschuldigt sich dafür, solche Worte zu benutzen. Als ob es irgendwie ihre Schuld wäre. Eigentlich absurd, aber man merkt, wie tief der Schmerz sitzt.
Diese Erlebnisse haben sie geprägt. Bis heute. „Ich versuche immer noch unauffällig zu sein, damit ich mir ja nichts zu Schulden kommen lasse.“
Im Frühjahr 2020 gehen die Bilder der "Black Lives Matter" Bewegung um die Welt. Auch in Wien wird demonstriert – und ÄNN fühlt sich wieder wie das 8-jährige Mädchen in der Schule. Emotional aufgewühlt, es werden Erinnerungen wach, die sie versucht hat, in sich zu begraben. Und mitten in der Nacht findet sie die Worte, um den Song „Mother“ zu schreiben.
