Läuft es auf regionale Lockerungen hinaus?
Die Regierung lässt sich offenbar auch von den ständig weiter steigenden Corona-Zahlen nicht von Lockerungsüberlegungen abhalten. Aus Regierungskreisen wurde der APA berichtet, dass eine regional unterschiedliche Vorgangsweise erwogen wird. Demnach könnte es zu Lockerungen in Vorarlberg kommen, das angesichts der vergleichsweise niedrigen Inzidenzen dann zu einer Art Testgebiet werden würde. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sah die Voraussetzungen dafür gegeben. Wien müsste - mit einer aktuellen 7-Tages-Inzidenz von 186 derzeit zuwarten.
Laut einem Bericht der "Vorarlberger Nachrichten" - der von seinem Büro auf APA-Anfrage grundsätzlich bestätigt wurde - hat Wallner am Wochenende sowohl bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch bei Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) für Öffnungsschritte in Vorarlberg geworben. Es brauche regionalen Spielraum, betonte Wallner, der Öffnungsschritte im Bereich der Gastronomie, der Kultur und des Sports setzen möchte. Innerhalb von zwei bis drei Wochen wäre das machbar, so der Landeshauptmann. Öffnungen wären aber nur mit Tests denkbar, dazu müssten laut Wallner auch die Selbsttests akzeptiert werden. Die Kapazitäten der Teststraßen würden nicht ausreichen, um die notwendige Anzahl an Tests zu bewältigen.
Dieses Hotel in Vorarlberg könnte vielleicht schon vor Ostern öffnen. (Bild: Kathrin Hausberger)
Nicht unerwartet löst das, was im Westen Gefallen findet, im Osten weniger Freude aus. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) meinte bei einer Pressekonferenz am Montag: "Wenn man über Lockerungen oder vorsichtige Öffnungen nachdenkt, braucht es eine einheitlich bundesweite Strategie." Ähnlich sieht das Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), in der selben Pressekonferenz auf regionale Öffnungen von Hochschulen angesprochen. Er würde "eher" einheitliche Regelungen bevorzugen: "Weil sich das Infektionsgeschehen ja auch verändert und dann ist einmal Kärnten dran, dann vielleicht das Burgenland."
Für eine Regionalisierung sind hingegen die Wirtschaftssprecher der SPÖ, Christoph Matznetter, und der NEOS, Sepp Schellhorn. Wenn man angesichts der Infektionszahlen "jetzt anfängt, auch regional unterschiedlich vorzugehen, ist das mit Sicherheit gescheiter, als immer nur über das ganze Land alles zu verhängen", so Matznetter, der aber angesichts der Fallzahlen und Mutationen befürchtet "dass so rasch Lockerungen nicht möglich sein werden". Und Schellhorn sagte am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Politiker, es wäre ja der Sinn der Coronaampel gewesen, eine Regionalisierung zu ermöglichen. "Wenn das jetzt mit Vorarlberg so durchgezogen wird, dann hätten wir uns einiges erspart".
Wie man nun tatsächlich vorgeht, wird heute in dem bereits üblichen Gesprächsmarathon fallen. Am Vormittag traf die Regierung alleine eine Expertengruppe, der unter anderem die Virologin Dorothee von Laer, die Epidemiologin Eva Schernhammer und der Vizerektor der Med Uni Wien Oswald Wagner angehören. Danach werden die Oppositionsparteien zugezogen. Schließlich wird mit den Landeshauptleuten konferiert, die zumindest zum Teil persönlich anreisen. Im Anschluss wird das weitere Vorgehen öffentlich gemacht.
Aus der Regierung heißt es zur APA, dass sich auch die Experten für regional angepasstes Vorgehen aussprechen. Freilich hatte zuletzt der allergrößte Teil der medizinischen Berater vor weiteren Lockerungen gewarnt. Die Ampel-Kommission hatte sogar die Rücknahme von Öffnungsschritten nahe gelegt, wenn eine Inzidenz von 200 auf 100.000 Einwohner vorliegt.
Dem widersprach Mikl-Leitner: "Ich glaube ein Tunnelblick alleine auf die Ansteckungszahlen gibt kein Gesamtbild. Um dieses zu bekommen, braucht es auch einen Blick auf unsere Krankenhäuser, und wir sehen, dass wir gerade in den letzten Monaten eine positive Entwicklung mit einem stabilen und niedrigen Niveau von schwer Erkrankten haben."
Dabei ist gerade Niederösterreich mit zuletzt 196,2 schon nah an der kritischen Grenze dran. Auch Wien, das in Lockdown-Zeiten beständig unter 100 lag, nähert sich der 200er-Marke mit großen Schritten (aktuell 186,6). Warum gerade im Osten das Infektionsgeschehen so stark wächst, ist Gegenstand unterschiedlicher Überlegungen. Einerseits soll sich hier die infektiösere britische Variante früher breit gemacht haben, andererseits haben gerade in Wien und Niederösterreich die Schulen eine Woche früher geöffnet, was ebenfalls einen größeren Effekt haben könnte.
Unter 100 liegt die Marke nur in zwei Bundesländern, knapp in Tirol trotz der dort grassierenden vermutlich impfresistenteren Südafrika-Variante, und deutlicher in Vorarlberg. Die am Sonntag vermerkten 72,8/100.000 waren freilich auch schon wieder ein Anstieg. Vor einigen Tagen lag der Wert in Vorarlberg noch nahe an der Wunschmarke von 50. Überhaupt stiegen die Infektionen prozentuell im westlichsten Bundesland sogar stärker als im Bundesschnitt.
Das Problem für die Regierung bleibt, dass der Druck bezüglich Öffnungen in den vergangenen Tagen gestiegen war. Mehrere Landeshauptleute, neben Mikl-Leitner etwa ihr oberösterreichischer Kollege Thomas Stelzer (ÖVP) und der Burgenländer Hans Peter Doskozil (SPÖ) wollten möglichst schon Mitte des Monats die Gastronomie offen sehen. Dazu drängen Sportvereine darauf, Jugendliche wieder ins Training zu lassen, da diese ohnehin in der Schule getestet werden - das freilich mit den nicht sonderlich zuverlässigen Nasenbohr-Tests. Öffnen wollen natürlich auch die Kultureinrichtungen, und der Tourismus hat noch einen Hauch Hoffnung auf ein kleines Ostergeschäft. (APA/Red)
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