Trauer um Hugo Portisch
Mit Hugo Portisch ist am 1. April 2021 einer der größten Journalisten verstorben, die jemals in Österreich tätig waren. Mit ihm verliert der österreichische Journalismus einen großen Vordenker. Viele heimische Politiker*innen und Journalist*innen kondolierten der Familie und den Freunden der Jounalisten-Legende, dessen Ableben im 95. Lebensjahr Donnerstagnachmittag bekannt geworden war. Portisch hat im Laufe seiner bewegten Karriere neben zahlreichen Dokumentationen auch eine Reihe von Büchern veröffentlicht, aber er musste auch große Verluste hinnehmen: So starb 2012 sein Sohn Edgar an den Folgen einer Tropenkrankheit. 2018 verlor er seine geliebte Ehefrau, die Autorin Gertraude Portisch. 2018 wurde Hugo Portisch durch Michael Häupl die Ehrenbürgerschaft von Wien verliehen. Er wird in einem Ehrengrab der Stadt Wien bestattet.
Bildungsexperte und Politiker Gerhard Schmid, hatte noch im Juli 2020 die Ehre ein Interview mit ihm zu führen, im Rahmen seines Gesprächsformats „Zeit.Gespräche“.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb auf Twitter: "Mit Hugo Portisch ist ein herausragender Österreicher von uns gegangen. Er wird eine große Lücke in unserem Land hinterlassen. Portisch war nicht nur Journalist, er war außerdem so etwas wie das 'Geschichtsbuch' Österreichs", so der Bundespräsident. "Seine Art zu berichten war packend und verständlich, ihm gelang die seltene Kunst, hochkomplexe Zusammenhänge klar und deutlich zu vermitteln." Portisch habe nicht einfach nur berichtet, was war, "er ließ Österreich seine Zeitgeschichte spüren. Was er geschafft und geschaffen hat, wird uns allen erhalten bleiben. Er hat das Land, dessen Zeitgeschichte er vermittelte, auch aufgeklärt und damit nachhaltig geprägt."
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zeigt sich tief betroffen
Tief betroffen zeigt sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in der Rathauskorrespondenz: „Wir trauern um den Doyen des österreichischen Journalismus, er war ein Vorbild für Generationen kritischer Journalisten. Keine und keiner erklärte so gut wie er komplizierte politische Zusammenhänge.“ Der Bürgermeister sichert zu: „Hugo Portisch bekommt ein Ehrengrab der Stadt Wien.“ Wiens Bürgermeister Michael Ludwig erinnert sich: „Hugo Portisch war Österreichs bedeutendster Journalist und Publizist. Sein Ableben ist ein enormer Verlust für Österreich, für Wien und für den heimischen Journalismus. Ich trauere um diesen unumstrittenen Doyen des österreichischen Journalismus. Dieser menschliche und fachliche Verlust schmerzt ungemein!
Wie kein Zweiter beherrschte Portisch die hohe Kunst, komplizierte politische und zeitgeschichtliche Zusammenhänge in einfachen Worten zu erklären und spannend zu vermitteln. Die expressive Gestik, mit der er als Chefkommentator des ORF seine Analysen akzentuierte, wurde zu seiner Marke.
‚Das Erklären halte ich für eine der wichtigsten Aufgaben des Journalisten‘, sagte Portisch in einem Interview. Und: ‚Das unterscheidet guten Journalismus von schlechtem, dass er um die Wahrheit bemüht ist. Diese große Aufgabe ist in Zeiten des Internets schwerer geworden‘, sagte Portisch. Daher sei die eiserne Regel ‚Check-Recheck-Doublecheck‘ nach wie vor eine Richtschnur.
Mit Anweisungen wie dieser festigte Portisch seinen Vorbild-Charakter für Generationen ihm nachfolgender kritischer Journalisten. Doch nicht nur den Journalismus im engeren Sinn, auch das Zeitgeschichtebewusstsein der Nation revolutionierte Portisch. Hier spielten vor allem seine Fernsehserien ‚Österreich I‘ und ‚Österreich II‘ eine entscheidende Rolle. 2013 wurde auf ORF III die Neuauflage von ‚Österreich II‘, technisch und inhaltlich aktualisiert, ausgestrahlt. 2005 lieferte Portisch mit der vierteiligen Reihe ‚Die Zweite Republik - Eine unglaubliche Geschichte‘ ein anerkanntes Meisterstück öffentlich-rechtlicher TV-Kultur. Darüber hinaus wurden seine Reportagen aus fernen Ländern legendär – etwa in der Reihe ‚So sah ich…‘ Portisch war maßgeblicher Proponent des ‚Rundfunkvolksbegehrens‘, das in die Rundfunkreform unter Generalintendant Gerd Bacher mündete und die damals dringend notwendige Modernisierung des österreichischen Fernsehens herbeiführte.
Ein weiteres Markenzeichen Portischs war sein unzerstörbares Europa-Bewusstsein, das er in Büchern wie ‚Was jetzt‘ leidenschaftlich propagierte. In einem seiner letzten Interviews („ZeitGespräche“) sagte er: „Dass wir in die Union gegangen sind, hat Österreich einen großen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht – einen dauernden. Ohne diese Mitgliedschaft ginge es uns sehr schlecht.“ Und: „Der Europäische Gedanke hat dazu gedient, die Bruderkriege in Europa zu beenden. Früher sind Millionen Menschen in diesen Kriegen in Europa umgekommen. Dieses gegenseitige Morden wurde durch das Friedensprojekt in Europa endgültig abgeschafft.“ So lautete Portischs Botschaft nach 75 Jahren 2. Republik: „Solidarisch sein, tolerant sein! Nicht nur schauen: Wo liegt mein Vorteil? Europa erfordert eine solidarische, gemeinschaftliche Lösung aller Probleme, die sich in Europa stellen.“
Freundinnen und Freunde von Hugo Portisch wissen, dass er nicht nur ein politischer Kopf, sondern auch ein humorvoller und empathischer Mensch war. Ebenso wie für das Große und Ganze interessierte er sich für die ‚kleine Welt‘. So war er nicht nur Österreichs größter Pilz-Sammler und –Kenner, sondern schrieb und sprach auch gerne stundenlang über die liebevolle und nachhaltige Landwirtschaft auf seinem Grundstück in der Toskana. Sein gemeinsam mit Traudi Portisch verfasstes Buch „Die Olive und wir“ wurde ein Bestseller.
Wir werden diesen großen Menschen, Medienerneuerer und leidenschaftlichen Citoyen niemals vergessen!“, sagt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.
Wien verabschiedet sich von einem Giganten der Kultur- und Medienbranche
Der ehemalige Chefredakteur des "Kurier" hat es verstanden, die komplexe Welt einfach und glaubwürdig zu erklären. Von seinem Ablebeben tief betroffen zeigte sich auch "Reporter ohne Grenzen Österreich"-Präsidentin Rubina Möhring: "Als Initiator des Rundfunk-Volksbegehrens im Sinne der Unabhängigkeit des ORFs und als jemand, der die journalistischen Leitsätze wie jenen der gewissenhaften Recherche besonders gelebt hat, war er für uns alle ein großes Vorbild und wird sehr fehlen". Als "Vorbild für Generationen kritischer Journalisten" bezeichnete der Österreichische Journalist*innenclub (ÖJC) Portisch.
Mit Hugo Portisch verlieren wir eine wichtige Persönlichkeit, eine maßgebliche Stimme des gesellschaftlichen Diskurses. Portisch war über Jahrzehnte hinweg einer der wichtigsten Journalisten Österreichs und hat ganze Generationen zur Reflexion über Politik und Geschichte angeregt“, reagiert Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler ebenfalls betroffen auf den Tod der Journalistenlegende und des Ehrenbürgers der Stadt Wien. „Seine Begeisterung für das Nachdenken über komplexe gesellschaftspolitische Fragestellungen war beispielgebend. Mit seinen Fernsehserien ‚Österreich II‘ und ‚Österreich I‘ wurde Portisch zum Vermittler österreichischer Zeitgeschichte. Ich habe Hugo Portisch für seine Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte auf leicht verständliche Weise zu erklären, bewundert. Sein Ableben reißt eine Lücke in die Medienlandschaft, er wird uns fehlen. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und Freunden“, schließt Kaup-Hasler. (APA/PID/Red)
Bilder: C.Jobst/PID, CC BY-SA 3.0