Lobau und Stadtstraße Thema im Gemeinderat
Im Wiener Rathaus ist am Donnerstag wieder über die Stadtstraße bzw. die Nordostumfahrung diskutiert worden. Auf dem Programm stand eine Sondersitzung des Gemeinderats, die von den Grünen beantragt worden war. Der Lobautunnel ist zwar schon gecancelt, die geplante Stadtstraße in der Donaustadt sorgt aber weiter für Disput. Dieser hat zuletzt an Schärfe zugenommen, für große Aufregung hatte vor dem Jahreswechsel auch ein Brand im Besetzercamp der Klimaaktivisten gesorgt.
Der Mobilitätssprecher der Wiener Grünen, Kilian Stark, betonte, dass ihm noch die "eindeutige Kante" der Stadtregierung gegen diese Eskalation fehle. "Wenn man mit Worten zündelt, dann beginnt es irgendwann auch tatsächlich zu brennen", warnte er. Die Grenzen dessen, was möglich sei, würden immer weiter verschoben. Wenn junge Menschen, die sich um die Zukunft sorgen, gefährdet seien, müsse man sagen: Stopp. "Gewalt darf nie ein legitimes Mittel einer demokratischen Diskussion sein", sagte Stark. Bei dem Brand war eine Hütte in Hirschstetten zerstört worden, in der einige Personen - die unverletzt blieben - genächtigt hatten.
"Wir rufen Sie auf, gehen Sie auf die jungen Menschen zu", appellierte er an die Stadtregierung. Der Grün-Politiker forderte auch, die Klagsdrohungen gegen Aktivistinnen und Aktivisten sowie gegen "mentale Unterstützer" zurücknehmen. Die Grünen rufen weiters dazu auf, auch die Stadtstraße einem "Klimacheck" nach Vorbild der Evaluierung von Asfinag-Projekten zu unterziehen.
Die FPÖ bekräftigte hingegen ihre Forderung nach Umsetzung des Straßenprojekts. Gemeinderat Anton Mahdalik erinnerte daran, dass die Grünen - also sie noch in der Stadtregierung waren - dieses selbst vorbereitet hätten. Die in der Donaustadt anwesenden Aktivistinnen und Aktivisten besetzen laut dem blauen Mandatar illegal fremden Grund, würden illegale Hütten bauen und illegale Feuerstellen betreiben. Er stellte in den Raum, dass das Feuer möglicherweise selbst von diesen verursacht wurde. "Vielleicht gibt es gar keine Brandstiftung." Die Polizei ging zuletzt aber davon aus, dass das Feuer gelegt wurde.
NEOS-Mandatar Stefan Gara wies darauf hin, dass seine Partei stets ganz klar betont habe, dass der Anschlag "auf das Schärfste" zu verurteilen sei. Er hob weiters hervor, dass auch der Bund angeboten habe, die Anbindung der Stadtstraße an die S1 umzusetzen. Dazu habe es von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) keine Absage gegeben. Gara beteuerte, dass die Koalition die Klimapolitik ernst nehme. Erst gestern sei im Klimaausschuss eine große Solarinitiative einstimmig beschlossen worden. Wien sei auch hier Vorreiter. Er kritisierte, dass die Grünen sich lediglich auf ein "kleines Stück" Straße fokussieren würden.
Für die ÖVP verteidigte Manfred Juraczka das Projekt. Die Stadtstraße, so gab er zu bedenken, habe dem Klimacheck von Umweltministerin Gewessler standgehalten. Die Pläne seien "ewig geprüft und ewig diskutiert" worden. Heute seien sie notwendiger denn je. Denn: "Wir wissen natürlich, dass kein Bezirk so stark wächst wie die Donaustadt." Nun zu versuchen, die Straße zu verhindern, sei billiger Populismus auf dem Rücken der leidtragenden Anrainer.
SPÖ-Gemeinderat Erich Valentin wies Vorwürfe zurück, dass man "mit Worten zündle" und damit die Basis lege dafür, was im Camp geschehen sei. Der Brandanschlag sei "widerlich", befand der. Man habe diesen verurteilt und die lückenlose Aufklärung gefordert. Die Sozialdemokratie indirekt dafür verantwortlich zu machen, sei ein "ungustiöser" Angriff, wetterte Valentin. Dies sei ein Stil, der im Gemeinderat so bisher nicht vorgekommen sei.
Generell ersuchte er die Grünen, sich ein "bisschen mehr" an die Fakten zu halten. Auch die frühere Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) habe sich dazu bekannt, dass es der Stadtstraße bedürfe. Sie habe vernunftorientiert und wissensbasiert gehandelt, lobte Valentin.
Während der Lobautunnel wohl Geschichte ist, hält die Stadt - die in diesem Fall zuständig ist - am Bau der Stadtstraße fest. Sie wird mehrspurig errichtet, formal handelt es sich dabei aber um keine Autobahn. Die 3,2 Kilometer lange Neubaustrecke soll die Seestadt Aspern mit der Südosttangente verbinden. In weiterer Folge könnte auch die sogenannte Spange Aspern und auch der Nordteil der Wien-Umfahrung gebaut werden.
Am morgigen Freitag wird zu dem Thema auch wieder demonstriert. Für den Nachmittag (15.00 Uhr) wurde von Fridays For Future gemeinsam mit weiteren Organisationen hinter der Initiative "LobauBleibt" eine Kundgebung beim Rathaus angesetzt. Dabei soll auch eine Petition mit rund 19.000 Unterschriften gegen die Klagsdrohungen der Stadtregierung übergeben werden, hieß es in einer Aussendung.
Kurz war im heutigen Gemeinderat auch Corona ein Thema, da die Sitzung - und auch die nächsten Zusammenkünfte - unter einmal mehr verschärften Bedingungen stattfand. Ein Eintritt war nur für jene erlaubt, die nicht nur geimpft oder genesen, sondern auch getestet waren. Für einen Disput sorgte die Maskenpflicht im Saal. Die FPÖ wurde vom Gemeinderatsvorsitzenden Thomas Reindl gerügt, weil man sich in der Fraktion daran nicht hielt. Die Blauen konterten: Der Vorsitzende selbst trage die Maske auch nicht, wenn er am Wort sei. (APA)