Zehntausende Maßnahmengegner in Wien
Erneut haben sich Zehntausende Maßnahmengegner am Samstag in der Wiener Innenstadt versammelt, um gegen die geplante Impfpflicht und andere Regeln der Corona-Pandemie zu protestieren. Wie im Vorfeld angekündigt, kontrollierte die Polizei ab Mittag auf dem Heldenplatz. Es gab Organmandate, Anzeigen und laut Polizeisprecher Christopher Verhnjak auch eine Festnahme, weil sich ein Aktivist trotz mehrerer Aufforderungen geweigert hatte, eine Maske aufzusetzen.
Ab etwa 12.00 Uhr hatten sich die Demoteilnehmer auf dem Heldenplatz und auf dem Maria-Theresienplatz versammelt. Auch im Votivpark gab es eine Kundgebung. Die Auftaktkundgebung allein dauerte bis kurz vor 16.00 Uhr, bevor sich die Demonstranten zu einer Runde um den Ring in Bewegung setzten. Die Polizei sprach von 27.000, die sich am Marsch beteiligten. Die Bereitschaftseinheit der Exekutive kontrollierte in kleinen Gruppen die Einhaltung der Maskenpflicht. Die FFP2-Schutzmasken wurden eher sporadisch getragen, was zahlreiche Anzeigen - mit Geldstrafen bis zu 3.600 Euro bedroht -, und Organmandate nach sich zog.
Verhnjak sprach von einem besonders herausfordernden Einsatz für die Beamten, da es galt, Eskalationen zu vermeiden. Kontrolliert wurden auch Personen auf der Demo, die polizeiähnliche Uniformen trugen - allerdings mit der Aufschrift "Personenschützer" auf dem Rücken statt "Polizei". Dem Polizeisprecher zufolge wurden diese nach dem Sicherheitspolizeigesetz angezeigt, weil sie polizeiähnliche Uniformteile verwendeten. Informierten Kreisen zufolge wurde auch der Staatsschutz eingeschaltet, weil sich unter den in polizeiähnlicher Uniform teilnehmenden Demonstranten sehr viele Identitäre gewesen sein sollen. Zusätzlich hatten sie Pfeffersprays bei sich, was ebenfalls verboten ist. Konfisziert wurde auch eine Reichkriegsflagge, ermittelt wird in diesem Fall unter anderem wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz bzw. des Abzeichengesetzes.
Die Polizei berichtete darüber hinaus von zwei Festnahmen: Neben dem festgenommenen Maskenverweigerer, der zuvor auch als Redner aufgetreten war, nahmen die Beamten gegen Ende des Demonstrationszuges beim Burgtor einen Aktivisten fest, der den Hitlergruß zeigte und sich dann der Amtshandlung widersetzte. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Wiederbetätigung und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt ermittelt.
Bei der Auftaktkundgebung traten zahlreiche Redner auf, darunter FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er kündigte einen "richtigen Tanz im Parlament" bei der Debatte um die Impfpflicht in der kommenden Woche an und versprach, weiter für Neuwahlen zu kämpfen: "Game over statt Gamechanger", so Kickl. "Die Regierung ist tot, die Demokratie lebt, nur der Nehammer (ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer, Anm.) hat's noch nicht kapiert."
Besonders heftig kritisierte der FPÖ-Obmann die geplante Impfpflicht: "Verfassungsrechtlich ist dieses Gesetz nichts anderes als eine Vergewaltigung der Grund- und Freiheitsrechte." Und auch medizinisch sei nichts von den genannten Gründen für die Impfpflicht übriggeblieben. Kickl forderte auch die Abschaffung anderer Corona-Regeln wie die Maskenpflicht oder den Lockdown für Ungeimpfte.
Am Samstagabend teilte Kickl per Aussendung mit: "Die heutige Demonstration für die Freiheit war wieder ein sehr deutlicher und ebenso ein überaus disziplinierter Beleg des Freiheitswillens von besorgten Menschen gegen diese unverhältnismäßigen schwarz-grünen Corona-Zwangsmaßnahmen." Der FPÖ-Chef dankte auch den "Polizistinnen und Polizisten, die wiederum diese große Menschenmenge professionell, sicher und sehr umsichtig durch die Wiener Stadt geleitet haben."
"Wir werden auch zukünftig an der Seite jener Menschen stehen, die sich durch diese Zwangsmaßnahmen von ÖVP und Grünen und durch die enorme Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte nicht auseinanderdividieren lassen wollen. Die Stimmen der Bürger werden immer stärker gehört - sowohl auf der Straße als auch im parlamentarischen Begutachtungsverfahren zum Impfzwang-Gesetz. Ich bin überzeugt davon, dass auch in den anderen Parteien immer mehr Abgeordnete diesen Irrsinn ablehnen", betonte Kickl in Bezug auf die für Donnerstag angesetzte Abstimmung im Nationalrat.
Als Redner traten neben weiteren FPÖ-Vertretern wie NÖ-Obmann Udo Landbauer und Generalsekretär Michael Schnedlitz der Maßnahmen-Gegner Martin Rutter und der Mediziner Andreas Sönnichsen auf. Dieser war im Herbst von der MedUni Wien gekündigt worden, weil er sich laut Universität nicht an die Corona-Vorgaben gehalten und offenbar auch Studierende aufgefordert hatte, diese zu ignorieren. Darüber hinaus seien Weisungen nicht befolgt worden, so die MedUni im vergangenen Dezember.
Ein weiterer Redner sprach laut SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner von "Nürnberger Prozessen 2.0" für alle Abgeordneten, die für die Impfpflicht stimmen werden. "Diese unverblümte Holocaustverharmlosung durch die Gleichsetzung von Nationalratsabgeordneten in der Corona-Krise mit Nationalsozialisten ist brandgefährlich und hat nichts auf der Bühne einer Parlamentspartei zu suchen!", betonte Einwallner in einer Aussendung.
Auf Twitter kursierten auch Fotos mit den Holocaust verharmlosenden Sujets. So war auf einem Schild ein Foto des nationalsozialistischen Diktators Adolf Hitler mit dem Spruch "Impfen macht frei" zu sehen. Es handelte sich um eine offensichtliche Anlehnung an den Spruch "Arbeit macht frei" an den Eingangstoren von Nazi-Konzentrationslagern. Die Polizei twitterte daraufhin: "Die Person wurde bereits angehalten und zur Anzeige gebracht. Das Plakat wurde sichergestellt." Schon am Freitagnachmittag sorgte ein Autokorso zu Behinderungen von Simmering bis zum Schwarzenbergplatz. Bis zu 300 Fahrzeige demonstrierten laut hupend „gegen Spaltung und Impfpflicht. (APA)