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Prozess: Chorherr plädiert auf nicht schuldig Prozess: Chorherr plädiert auf nicht schuldig
Chronik

Prozess: Chorherr plädiert auf nicht schuldig

Dem ehmaligen Grünen-Politiker wird Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit vorgeworfen.
W24 Redaktion
Dienstag, 08. November 2022
Verfasst am 08.11.2022 von W24 Redaktion

Der frühere Wiener Kommunalpolitiker der Grünen, Christoph Chorherr, wird sich nicht schuldig bekennen. Das hat sein Anwalt Richard Soyer zum Auftakt des Prozesses im Wiener Landesgericht angekündigt. Chorherr muss sich seit heute mit neun weiteren Angeklagten vor einem Schöffensenat verantworten.

Der frühere Gemeinderatsabgeordnete, der unter anderem Planungssprecher seiner Fraktion war, soll von namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert oder angenommen haben. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, den prominenten Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor. Zu den Mitangeklagten gehören unter anderem der Investor Rene Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler. Auch die Vereins-Unterstützer haben bisher die Vorwürfe stets bestritten.

Chorherr, so versicherte sein Verteidiger, sei der Meinung gewesen, dass man mit den Bürgern der Stadt auf Augenhöhe kommunizieren solle - auch mit Bauwebern. Er habe die Arbeitshypothese vertreten, dass nur so die Interessen der Stadt bestmöglich gewahrt werden könnten. Es sei ihm um qualitäts- und anspruchsvolle Projekte gegangen. Niemals seien Ansinnen an ihn gestellt worden, für Spenden Gegenleistungen zu erbringen. Es sei immer mit offenen Karten gespielt worden.

"Dass Unternehmer berechtigte Interessen verfolgen, ist legitim", befand Soyer. Aber die Vorgänge würden keine Anklage rechtfertigen. Der Anwalt begründete die Tatsache, dass 2011, also kurz nach Regierungseintritt der Grünen in Wien, die Spenden angestiegen seien: Dies habe damit zu tun, dass Chorherr ab diesem Zeitpunkt öffentlichwirksamer aufgetreten sei.

Jedoch: Chorherr habe sich schon 2003 bzw. 2004 für "diese Sache" entschieden, also für sein Engagement in Afrika. "So einfach kann man es sich nicht machen", bekrittelte der Anwalt die Anklageschrift. "Es sind nur Spekulationen zu Lasten des Angeklagten." Es hätten auch nicht wohlhabende Personen gespendet, hob er hervor. Dass Unternehmer solche Projekte mitfinanzieren, sei ebenfalls nicht unanständig. Chorherr sei es um das Gemeinwohl gegangen. Den Prozess kritisierte Soyer als "Hochamt".

Der Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sah dies völlig anders. Jeder in Wien habe gewusst, dass man gegen Spenden bekomme, was man wolle. Dafür gebe es nun Beweise. Konversationen von Tojner würden etwa belegen, dass davon ausgegangen worden sei, dass man Einfluss auf die Politik nehmen könne, "um sein Projekt durchzubringen". "Ohne Magister Chorherr kein Projekt, so einfach ist das", zeigte sich der Anklagevertreter überzeugt. "Zeigen sie uns, dass der Kampf gegen Korruption kein sinnloser ist", bat er die Schöffen.

Ganz fehlerfrei sei das Vorgehen seines Mandanten aber nicht gewesen, befand selbst der Verteidiger. Chorherr hätte die Vereins-Obmannschaft schon vor 2011 zurücklegen müssen. Die Botschaft sei angekommen. Dies sei "nicht zeitgemäß", es sei sogar falsch gewesen, das nicht schon früher zu tun. Darum habe man im Verfahren auch um Diversion angesucht. Diese wäre rechtlich zulässig gewesen, ohne Schuldspruch und unter Wahrung der Unschuldsvermutung. (APA)