Hilfe für Geflüchtete am Hauptbahnhof angelaufen
Sie sind wohl die Vorboten der schlimmsten humanitären Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg: Seit Tagen steigt die Zahl der Menschen, die nach einer oft chaotischen Flucht aus der Ukraine in Österreich landen, stetig an. Ein Hotspot dabei ist erneut der Wiener Hauptbahnhof - vorerst fungiert er vor allem als Transitstation. Es sind großteils Mütter mit ihren Kindern, die sich bei den Info-Stützpunkten der Caritas am Hauptbahnhof sammeln.
Die meisten Vertriebenen sind nur mit leichtem Gepäck unterwegs, da die Flucht zu überhastet war, um noch viel einzupacken. "Ich habe mich mit meinen Kindern von Kiew nach Rumänien durchgeschlagen", erzählte eine Vertriebene der APA. Irgendwie landete sie dann in Wien. "Unser Ziel ist aber Frankreich, weil da mein Bruder lebt", sagte sie. Der Vater der Kinder musste zurück bleiben, um zu kämpfen. Ob ihn die Frau und seine Kinder jemals wiedersehen, ist ungewiss.
Derzeit ist Österreich - noch - vor allem ein Transitland. Von den bisher rund 45.000 in Österreich gezählten Vertriebenen reisten 75 bis 80 Prozent weiter, da andere europäische Länder wie Frankreich, Italien oder Deutschland viel größere ukrainische Communitys haben. Entsprechend sind die Übersetzerinnen und Übersetzer der Caritas am Bahnhof vor allem damit beschäftigt, den Betroffenen bei der Weiterreise zu helfen. Für Vertriebene, die die Nacht am Bahnhof verbringen müssen, wurde ein Notquartier mit 50 Feldbetten eingerichtet. 40 Personen pro Nacht nehmen dieses Angebot derzeit in Anspruch, viele schlafen aber auch in den Wartehallen.
Die Rolle Österreichs als Transitland dürfte sich nach Ansicht des Generalsekretärs der Wiener Caritas, Klaus Schwertner, in den kommenden Wochen aber wohl ändern. "Wir stehen vor der größten humanitären Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte er der APA. Schwertner rechnet mit einer Fluchtbewegung von ungeahnten Ausmaßen. Schon jetzt - am Anfang des Krieges - zählt das Flüchtlingshilfswerk UNHCR 1,7 Millionen Vertriebene. Mehr als eine Million davon befindet sich alleine in Polen. Die Polen sind Schwertner zufolge zwar unglaublich hilfsbereit, werden die Probleme aber unmöglich alleine bewältigen können.
Die Passanten am Hauptbahnhof nehmen jedenfalls großen Anteil am Schicksal der Vertriebenen. Immer wieder fragen sichtlich betroffene Menschen, wie sie helfen können und werfen Geld in die Spendenboxen der Caritas. "Wir erleben eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft", unterstrich Schwertner. Über 10.000 Österreicher und Österreicherinnen haben bereits ihre Unterstützung angeboten bzw. für die Betroffenen gespendet.
Angesichts der zu erwartenden humanitären Katastrophe braucht es nun vor allem Wohnraum für die Vertriebenen - und leider nicht nur für einige Tage. Denn es ist Schwertner zufolge völlig ungewiss, wann die Betroffenen wieder zu ihren zurückgelassenen Familienmitgliedern zurückkehren können. Oder ob sie diese überhaupt jemals wiedersehen werden.