Selenskyj: "Wir kämpfen weiter"
Mit einem knapp vierminütigen Videoclip hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am späten Sonntagnachmittag an die Teilnehmer des unter dem Motto "YesWeCare" stehenden Ukraine-Benefizkonzerts am Wiener Heldenplatz gewandt. "Wir kämpfen weiter", lautete die zentrale Botschaft der mit Musik und erschütternden Bildern von Einschlägen und Explosionen untermalten Rede, in der er einen Waffenstillstand forderte und proklamierte: "Frieden ist die einzige Wahl!"
Bei der Zuspielung zwischen den Auftritten der Bands Buntspecht und Cari Cari wurde es still am Heldenplatz, zu dem sich zu diesem Zeitpunkt laut Schätzung des Veranstalters an die 50.000 Menschen in der Abendsonne versammelt hatten. An die angekündigte Maskenpflicht hielt sich jedoch nur ein Bruchteil der Besucherinnen und Besucher. Auch Transparents waren Mangelware. Vereinzelt waren Flaggen und Luftballons zu sehen. Menschen mit Blumen im Haar verbreiteten eher Woodstock- als Demo-Feeling. Doch von der Bühne war die Botschaft eindeutig. Oska formulierte es so: "Kriege sind absolut sinnlos!" Und Lemo erinnerte: "Vergesst nicht zu spenden, dafür san man ja alle da!".
Die Veranstaltung war um 13 Uhr bei strahlendem Sonnenschein gestartet. Der Eintritt ist frei, es werden jedoch Spenden für die Kriegsopfer der Ukraine gesammelt. Der gesamte Betrag wird den Organisationen SOS-Kinderdorf und Nachbar in Not übergeben. Mit einfach zu scannenden QR-Codes auf den Bildschirmen der gelb-blauen Bühne wird man auf die Homepage des SOS-Kinderdorfs weitergeleitet, wo gespendet werden kann. Außerdem wurde dazu aufgerufen, kleine Stofftiere links und rechts der Bühne für geflüchtete Kinder abzugeben. Bargeldspenden sind vor Ort ebenfalls möglich.
Zu Beginn bedankte sich Organisator Daniel Landau bei allen Beteiligten. "Es ist wunderschön, heute gemeinsam und solidarisch für Menschen in Not zu sein, das bedeutet für mich 'YesWeCare'." Als erstes eröffnete die Band Strandhase mit rockigen Klängen das musikalische Programm. Gleich im Anschluss darauf zeigte Filiah mit ihren sanften Klängen und ihrer starken Stimme sowie Lou Asril und Kerosin95 mit Deutschrap, wie abwechslungsreich der Tag noch wurde. Auch das Publikum war bunt gemischt: Pop-Fans und ganze Familien, Touristen und auch viele Ukrainisch Sprechende waren auf den Heldenplatz gekommen.
Der ukrainische Botschafter Wassyl Chymynez wurde zu seiner Rede mit Jubel empfangen. Er beschrieb die schreckliche Realität des Krieges. "Es ist wichtig, solche Kundgebungen der Solidarität zu erfahren, für uns, für alle Ukrainer. Es ist ein Zeichen, dass die Ukrainer nicht alleine stehen." Auf Ukrainisch wendete er sich noch direkt an das ukrainische Publikum, woraufhin mit tosendem Beifall geantwortet wurde. Später spielte Danys Dragan die ukrainische Nationalhymne - einer der berührendsten Momente der Veranstaltung, nicht zuletzt, weil im Publikum viele waren, die in Originalsprache mitsingen konnten.
Auf Englisch wandte sich dagegen Wolodymyr Selenskyj an ein Publikum in ganz Europa. Puls 24-Moderatorin Corinna Milborn hatte vor der Zuspielung von Solidaritätsveranstaltungen in 20 Ländern gesprochen, die am Sonntag stattfänden. Selenskyj erinnerte daran, dass vor nunmehr einem Monat die Ukraine überfallen worden sei, seither im harten Kampf stehe und nicht daran denke aufzugeben. Er forderte von der internationalen Staatengemeinschaft unter anderem Waffenlieferungen, noch härtere Sanktionen gegen Russlands und Menschlichkeit für Flüchtlinge.
"We feel for you, we stand with you, we support you", versicherte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) in ihrem kurzen Statement den Menschen der Ukraine. Kurz vor 20 Uhr wandte sich - wie schon neulich in Ernst-Happel-Stadion - Bundespräsident Alexander Van der Bellen an die Zuhörerinnen und Zuhörer. Er zeigte sich "tief gerührt, dass sich so viele Menschen hier eingefunden haben" und erinnerte vor allem an die bisher über eine Million Kindern und Jugendliche, die aus der Ukraine flüchten mussten. Er bedankte sich ausdrücklich bei den Lehrerinnen und Lehrern, die nun deren Betreuung übernähmen. Man möge nicht nur an die Menschen in und aus der Ukraine denken, bat der Bundespräsident, sondern auch "an alle jene, die in Russland gegen den Krieg auftreten und dafür 15 Jahre Gefängnis riskieren oder selbst fliehen müssen". "Die Freiheit wird sich durchsetzen, der Frieden wird sich durchsetzen die Demokratie wird sich durchsetzen", zeigte sich Van der Bellen zuversichtlich.
Zu diesem Zeitpunkt und beim anschließenden Lichtermeer waren laut Moderatorin Milborn 100.000 Menschen auf dem Heldenplatz. Die Polizei sprach gegenüber der APA jedoch von lediglich 10.000 Besuchern. Der langjährige frühere Botschafter der Ukraine in Wien, Olexander Scherba, kommentierte via Twitter dagegen sichtlich beeindruckt die Fernsehbilder des dichtgefüllten abendlichen Heldenplatz und schrieb: "Oh Gott.... Mein liebes Österreich, mein geliebtes Wien! Aus Kyiw, vom ganzen Herzen - DANKE!!!" (APA/Red)