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Corona trieb Rauchverlangen an Corona trieb Rauchverlangen an
Gesundheit

Corona trieb Rauchverlangen an

Welt-Nichtrauchertag: Gesundheitsministerium plant Nationale Tabak- und Nikotinstrategie.
W24 Redaktion
Dienstag, 31. Mai 2022
Verfasst am 31.05.2022 von W24 Redaktion

Rauchen ist noch immer die am weitesten verbreitete Sucht in Österreich. Mehrere Studien belegen, dass sich der Konsum von Tabak und Nikotin während der Corona-Krise hierzulande sogar noch bei bestimmten Bevölkerungsgruppen erhöht haben dürfte. Die Schlussfolgerung aus den erhobenen Daten aus dem "Austria Corona Panel": wer vorher rauchte, rauchte durchschnittlich mehr. Ausnahme waren Rauchende, die mit vier oder mehr Personen zusammenlebten.

Menschen in kleineren Haushalten (bis vier Personen) gaben hingegen an, gleich viel oder mehr zu rauchen. Besonders die Gruppe der Unter-40-Jährigen wies große Zunahmen auf. Hier lässt sich vermuten, dass besonders jene im Home-Office nun mehr Gelegenheit haben, zur Zigarette zu greifen: Mussten sie hierfür früher meist ihren Arbeitsplatz verlassen und vor die Türe oder auf den Balkon gehen, so können sich viele diesen Weg nun sparen.

Über die gesundheitlichen Folgen des Rauchens wurde und wird breit debattiert, weniger im Fokus war der Produktionsprozess von Tabak und seine Auswirkungen auf die Umwelt. Das soll sich nun ändern. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte am Weltnichtrauchertag am Dienstag an, dass es im Herbst eine Nationale Tabak- und Nikotinstrategie geben wird, die sich auch damit auseinandersetzt.

"Wir wissen alle, dass Rauchen schwere Gesundheitsrisiken bis hin zum Tod birgt. Man muss aber auch den Produktionsprozess von Tabak und seine Auswirkungen auf die Umwelt stärker in den Fokus nehmen. Anbau, Produktion, Konsum und Entsorgung haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt - durch Energieverbrauch, klimaschädliche Emissionen sowie Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung", erläuterte der Minister am Dienstag in einer Aussendung.

Weltweit würden jährlich rund 3,5 Millionen Hektar Land für den Tabakanbau zerstört. Der Anbau trage auch zur Entwaldung von 200.000 Hektar pro Jahr und zur Bodenverschlechterung bei. Die Produktion erschöpfe den Planeten an Wasser, fossilen Brennstoffen und Metallressourcen. Aufgrund der Globalisierung der Lieferkette und des Verkaufs von Tabak würden ressourcenintensive Transportmittel genutzt. 4,5 Billionen Zigarettenstummel würden zudem jedes Jahr weltweit nicht ordnungsgemäß entsorgt, wodurch riesige Mengen Giftmüll entstehen und Tausende von Chemikalien in Luft, Wasser und Boden freigesetzt werden.

"Diese Fakten machen deutlich, dass Tabakkonsum in jeder Phase massive Schäden anrichtet. Mein Haus wird daher gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium kontinuierliche und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die negativen gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen des Konsums von Tabak- und neuartigen Produkten zu minimieren", kündigte Rauch an.

In der Aussendung wurde neben dem Umweltaspekt zusätzlich auch an den negativen Einfluss auf die Gesundheit erinnert. Etwa jede fünfte Österreicherin bzw. jeder fünfte Österreicher rauche täglich. Tabakrauchen (inklusive Passivrauchen) sei in Österreich gemäß aktueller Schätzungen für 16 Prozent aller Todesfälle verantwortlich. Im Europäischen Vergleich liege Österreich bei den täglich Rauchenden über dem Durchschnitt.

Ein näherer Blick auf die Statistik zeigt auch: Es bestehe hierzulande außerdem ein deutlicher Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und Rauchverhalten. Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss sowie Personen mit niedrigerem Haushaltseinkommen würden häufiger täglich rauchen und seien häufiger Passivrauch ausgesetzt, hieß es.

Der Anteil der Rauchenden, die im vergangenen Jahr erfolglos versuchten haben, aufzuhören, ist hoch. 36 Prozent der täglich Rauchenden hätten dies angegeben, das entspreche hochgerechnet circa 570.000 Personen. Rund 40 Prozent der "Aufhörwilligen" seien Frauen; größtenteils zwischen 30 und 59 Jahre alt.

Vor diesen Hintergründen plant Minister Rauch, die Nationale Tabak- und Nikotinstrategie. Ein entsprechender Entwurf wird laut Aussendung aktuell unter Einbindung von 48 maßgeblichen Institutionen und Organisationen erarbeitet. Die ersten Schritte wurden bereits getan: In zwei Erhebungsrunden seien bis dato der Status quo von bundesweit umgesetzten Maßnahmen sowie die spezifisch österreichischen Bedürfnisse bzw. Notwendigkeiten erhoben worden.

Die Bandbreite der vorgeschlagenen Maßnahmen reiche von Prävention und Aufklärung über den Ausbau von Entwöhnungsprogrammen bis hin zu gesetzlichen Erfordernissen, hieß es. Die Strategie soll sehr breit angelegt werden, neben den herkömmlichen Tabak- und verwandten Erzeugnissen auch alle neuartigen Produkte (wie z. B. Nikotinbeutel) mitumfassen, und ebenso die Auswirkungen des Konsums auf Mensch und Umwelt mitberücksichtigen, wurde angekündigt.

Die mehr als 600 zu nationalen Gegebenheiten und Bedürfnissen eingegangenen Beiträge sowie die Vorschläge würden derzeit mit internationalen Vorgaben, Empfehlungen, Erfahrungen und Erfolgsmodellen abgeglichen, um daraus in der Folge die konkreten Inhalte der nationalen Strategie abzuleiten. Darauf aufbauend sollen konkrete Arbeitsprogramme sowie Aktionspläne erarbeitet werden. Geplant ist, die Strategie mit Oktober 2022 in Kraft zu setzen.

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) analysierte die statistischen Zahlen zum Thema Rauchen im Zuge eines ÖGK-Gesundheitsbarometers und machte deutlich: Rauchen werde oft nur als ungesunde Angewohnheit abgetan - aber: "Dabei sind die Zahlen erschreckend", hieß es in einer Aussendung. Ein Viertel der täglich Rauchenden habe bereits vor dem 15. Lebensjahr angefangen zu rauchen.

Es wurde dafür geworben, dass es nie zu spät sei, mit dem Rauchen aufzuhören und auf die raschen positiven Folgen hingewiesen: "Bei Menschen, die mit dem Rauchen aufhören, verbessert sich die gesundheitliche Verfassung deutlich. Bereits nach zwei bis drei Tagen wird das Risiko von Herzanfällen verringert. Nach zwei Wochen bis drei Monaten verbessern sich der Kreislauf und die Lungenfunktion, nach spätestens neun Monaten vermindert sich die Infektanfälligkeit und eine normale Lungenfunktion kann wieder erreicht werden."

Die ÖGK nutzte die Aussendung auch, um Aufhörwillige auf ihre Unterstützung mittels spezieller Programme hinzuweisen. "Der Weltnichtrauchertag ist ein guter Anlass sich intensiv mit dem Problemfeld Rauchen auseinanderzusetzen und positive Veränderungen anzustoßen," unterstrich erklärt ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer. (APA/Red/hh)