Ludwig als SPÖ Wien Chef bestätigt
Der Landesparteivorsitzende der Wiener SPÖ, Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), ist am Samstag mit 94,4 Prozent wiedergewählt worden. Insgesamt haben sich 875 Delegierte in der Messe Wien an der Abstimmung beteiligt. Ludwig ist seit 2018 Chef der Wiener Roten. Beim bis dato letzten Parteitag 2019 war er auf 90,8 Prozent gekommen.
Seither gab es kein Treffen mehr. Die Coronapandemie sorgte für eine zweimalige Verschiebung des ursprünglich für 2019 angesetzten Parteitags. Zu Stellvertretern Ludwigs wurden heute Doris Bures, Kathrin Gaal, Marina Hanke, Christian Meidlinger und Josef Taucher gewählt.
Ludwig will weiter auf den "Wiener Weg" setzen, wie er in seiner Rede ankündigte. Das gelte sowohl für das Pandemiemanagement als auch für Bereiche wie Wohnen, Bildung, Teuerung und Verkehr. "Die Pandemie ist nicht vorbei", begann Ludwig seine Rede - dementsprechend setze man am Parteitag auch auf die 2,5G-Regel und Maskenpflicht abseits des Platzes. Die in Wien strengeren Corona-Maßnahmen samt Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln verteidigte er.
Für die anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen forderte Ludwig eine deutliche Lohnerhöhung: "Da muss es klingeln... nein, das ist zu wenig: Da muss es rascheln." Die hohe Inflation müsse abgegolten werden. Das 365-Euro-Jahresticket für die Wiener Linien will Ludwig auch künftig beibehalten - aber es werde auch neue Straßen brauchen, sprach er eines der Hauptkonfliktthemen an.
Sowohl Lobautunnel als auch Stadtstraße verteidigte der Bürgermeister: Projekte wie die Donauquerung als Brücke über die Lobau habe man verworfen - aber mit dem 60 Meter unter der Lobau verlaufenden Tunnel könne man nun guten Gewissens sagen, dass diese nicht beeinträchtigt werde. "Ist das Betonpolitik?", fragte Ludwig rhetorisch. Er bekenne sich zu einer solchen, wenn es darum gehe, Arbeitsplätze zu schaffen, Wohnungen oder Kindergärten und Schulen zu bauen.
SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner nutzte ihre Rede, um zum einen die Politik Ludwigs lobend zu würdigen - und um jene der Bundeskoalition zu zerpflücken. "In dieser krisenhaften Zeit sind wir alle Zeugen einer Bundesregierung, die selbst zum Krisenfall geworden ist." Auch die SPÖ-Vorsitzende verwies auf die Teuerung, die in vielen Bereichen zu spüren sei. "Nur die Ausreden dieser Bundesregierung werden immer billiger", befand sie. Rasche Maßnahmen, die etwa Wien bereits setze, würden vollständig fehlen.
Sie stehe dazu, dass Arbeitslose und Pensionisten genauso unterstützt würden wie die Mittelschicht. "Wenn Menschen, die täglich zur Arbeit gehen, nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, dann ist das eine Schande für Österreich." Die Regierung werde einen Scherbenhaufen hinterlassen, zeigte sich Rendi-Wagner überzeugt. Es sei immer die SPÖ gewesen, die das Land wieder zusammengeführt habe. "Liebe Freundinnen und Freunde, wir werden es wieder tun", kündigte sie an.
Auch die aktuelle Debatte um die Neutralität ließ Rendi-Wagner nicht unerwähnt. Der Krieg in der Ukraine werde einmal mehr dafür verwendet, diese in Frage zu stellen, sagte sie. "Gerade hier in Wien sieht man so deutlich die positiven Folgen einer aktiven und engagierten Neutralitätspolitik." Wien sei Sitz großer Organisationen. Es mögen andere über die Neutralität diskutieren: "Ich mache das nicht."
Intensive Debatten gab es über so manche Anträge. Zum einen wurde über eine Reihe von Statutenänderungen diskutiert. Parteitage sollen künftig etwa nur mehr alle zwei Jahre stattfinden. Bisher standen diese Treffen alljährlich auf dem Programm, wobei der Parteichef sich alle zwei Jahre einer Wahl stellen musste. Nun ist angedacht, nur mehr die Wahlparteitage durchzuführen. Der entsprechende Antrag wurde angenommen.
Nicht angenommen wurde hingegen das Begehr, einen Passus abzuschaffen, der verlangt, dass Menschen über 65 Jahre eine höhere Zustimmung in den Gremien brauchen, um für ein Mandat zu kandidieren. Vor allem Jugendvertreterinnen und -vertreter machten sich dafür stark, den entsprechenden Paragrafen beizubehalten. Somit bleibt die Altersgrenze bestehen.
Definitiv umstritten sind auch die von Ludwig angesprochenen Straßenbauprojekte im Nordosten Wiens. Die Bezirksorganisation Alsergrund und die Junge Generation sprachen sich via Antrag für "Zukunftsperspektive statt Tunnelblick" aus. Die laut Antragstellern "nicht nachhaltigen und nicht sozialen" Projekte sollten nicht umgesetzt werden, heißt es.
In der intensiven Diskussion wurde von den roten Projektgegnern etwa argumentiert, dass andere Bundesländer zwar Straßen bauen würden - Wien hier aber nicht unbedingt mitziehe müsse. Auch in der Coronapandemie habe man einen eigenen Weg verfolgt, gab man zu bedenken. Mittels Plakataktion ("Kein Beton am Wiener Weg") wurde um einen Verzicht auf die Vorhaben ersucht.
Der Donaustädter Bezirkschef Ernst Nevrivy befand hingegen, es gehe um die Frage, ob die Wiener Partei hinter der Stadtregierung und dem Bürgermeister stehe, der von den Grünen und den "ganzen anderen Häus'ln da draußen" beleidigt werde. Verkehrsstadträtin Ulli Sima beteuerte, dass man in Wien drei Mal so viel Geld für Öffis als für Straßen ausgebe. Letztere seien aber etwa für die Transitentlastung nötig.
Zu dem Thema wurde heute auch demonstriert. Die Initiative "Lobau Bleibt" veranstaltete gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gruppen eine Kundgebung. Die Demo durfte jedoch nicht bis zur Messe ziehen. Dies war schon im Vorfeld untersagt worden. Entsprechend groß war die Polizeipräsenz im Umfeld des Veranstaltungsortes. (Red/APA)
Bild: Markus Sibrawa