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"Zur Kandidatur verpflichtet" "Zur Kandidatur verpflichtet"
Politik

"Zur Kandidatur verpflichtet"

Alexander Van der Bellen hat am Montag seine Motivation für ein Wiederantreten zur BP-Wahl dargelegt.
W24 Redaktion
Montag, 23. Mai 2022
Verfasst am 23.05.2022 von W24 Redaktion

Alexander Van der Bellen hat am Montag in einem Presseauftritt die Motivation für seine Wiederkandidatur dargelegt. Er fühle sich verpflichtet, in der aktuellen schwierigen Situation das Seinige dazu beizutragen, "dass wir insgesamt wieder auf den richtigen Weg kommen". Für diese Verantwortung fühle er sich heute besser gerüstet als noch vor fünf Jahren, als er "vergleichsweise ein junger Hupfer war".

Die Frage, warum er Österreich auch in den kommenden sechs Jahren "von ganzem Herzen" dienen wolle, beantwortet sich der 78-Jährige selbst: "Ich bin alt genug für dieses Amt. Ich habe die Lebenserfahrung, die Berufserfahrung, die man braucht." Es wäre ihm "eine große Ehre, aber nicht nur das, eine große Freude, für weitere sechs Jahre als Bundespräsident dienen zu dürfen", sagte er. Das gehe nur, wenn die Österreicher das auch so sähen: "Und in diesem Sinne ersuche ich Sie um Unterstützung im Herbst bei den Wahlen."

Van der Bellen stellte sich in seinem knapp viertelstündigen Statement im Presseclub Concordia klar hinter die Sanktionen gegen Russland wegen dessen Aggression in der Ukraine. Die daraus resultierenden ökonomischen Opfer, die auch die Österreicher bringen müssten, seien der "Preis für Freiheit und Demokratie". Es müssten mutig klare Positionen bezogen werden. Denn sonst würden Nationalisten "und Putin-Freunde" versuchen, die entstandene Verunsicherung auszunützen und "nach der Macht zu greifen", betonte der Bundespräsident, der sich selbst als "absolut unabhängig" bezeichnete ("Ich brauche persönlich nichts") und einen "kurzen, konzentrierten" Wahlkampf versprach.

Darunter versteht Van der Bellen, wie er in einer anschließenden Fragerunde präzisierte, etwa vier bis sechs Wochen vom September in den Oktober hinein. Seinen Wahlkampf leiten wird Martin Radjaby. Finanziell unterstützen werden die Kampagne die Grünen, deren Parteichef der Präsident dereinst ja war. Er hoffe auch auf andere, die an seiner Kandidatur interessiert seien: "Wir müssen schon etwas zusammenkratzen."

Beim Wahlziel gab sich Van der Bellen nicht übermäßig ambitioniert: "Mehrheit ist Mehrheit, das ist so in einer Demokratie." TV-Konfrontationen mit anderen Anwärtern schloss der Präsident nicht per se aus: "Diskutieren tue ich ja gerne." Er werde sich sicher nicht zieren, "irgendwo aufzutreten", wenn sich das zeitlich mit seinen Amtsgeschäften ausgehe.

Im Rückblick auf seine bisherige Amtszeit erinnerte Van der Bellen an den Skandal um das Ibiza-Video. Diese Sittenbilder und ihre Folgen hätten das Vertrauen der Österreicher in die Politik bis ins Mark erschüttert. Das sei aber lange noch nicht alles gewesen. "Wir alle waren noch dabei, ungläubig den Kopf zu schütteln, über das, was möglich war in unserer Republik", spielte er auf eine Aussage seines seinerzeitigen Stichwahl-Kontrahenten Norbert Hofer (FPÖ) an.

An seinem damaligen "So sind wir nicht" hielt er fest und plädierte für eine Veränderung zum Guten. Dann sei die Pandemie gekommen, dann der "Kriegswahnsinn". Europa sehe seine Zukunft in Frieden und Freiheit, die es zu schützen und verteidigen gelte. Europas Wirtschaft müsse "unabhängig von Tyrannen, die am Gashahn und am Bohrloch sitzen", werden. Auch die Klimakrise sprach er an: "Wir müssen uns retten und unsere Kinder."

Dem Thema Neutralität widmete sich Van der Bellen dann in seinem ersten Interview nach Bekanntgabe des Antritts. Im Gespräch mit dem Ö1-"Mittagsjournal" deutete er Sympathien für den Status quo an, habe man doch über lange Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht und werde es auch künftig neutrale Orte brauchen, doch ist der Präsident gesprächsbereit: "Diskutieren wir darüber ohne großes Tamtam."

Zugestanden wurde von Van der Bellen, dass sein Ausspruch "So sind wir nicht" angesichts der Ibiza-Affäre möglicherweise zu stark war. Zumindest "so wollen wir nicht sein" müsse aber gelten. Manchmal hätte er vielleicht auch mehr öffentlich sagen könnten, meinte der Präsident, etwa dass man von täglichen Aufgeregtheit über diesen und jeden Chat herunterkomme und einmal abwarte.