Habeck: Kooperation für Notfall vereinbart
Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist auf Österreich-Besuch. Dienstagvormittag traf er Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne). Für den Fall eines Gasmangels haben die beiden Minister vereinbart, alles zu unternehmen, um die Gasdurchleitung aufrechtzuerhalten. Dies ist vor allem für Tirol und Vorarlberg relevant, die nicht an das österreichische Gasnetz angebunden sind. Die Erklärung umfasst auch Haidach und die LNG-Terminals in Deutschland.
"Wir bekennen uns dazu, dass wir im Ernstfall auch weiter die Durchleitung wollen", sagte Gewessler in einer Pressekonferenz mit Habeck. Beim Gasspeicher Haidach "wollen wir mit einem gemeinsamen Abkommen zur Befüllung auch unsere europäischen Verpflichtungen erfüllen". Die Unternehmen in Österreich forderte Gewessler auf, sich an den kommenden Ausschreibungen der deutschen LNG-Terminals zu beteiligen. "Sie können sich meiner vollen politischen Unterstützung sicher sein", sagte Gewessler in ihre Richtung.
Europa sei damit konfrontiert, abhängig zu sein und ausbeutbar zu sein, aber "so düster der Tag ist, das muss ja nichts Schlechtes sein, denn damit geht natürlich auch einher ein waches Bewusstsein, dass Politik, dass Menschen, dass Demokratien einen Unterschied machen können", ortet Habeck Chancen für Europa. Österreich, Deutschland und die gesamte EU seien nun in einer "Schicksalsgemeinschaft".
Und die Zeit zu sagen, "interessiert mich nicht, kommt ja aus der Steckdose", sei vorbei. Energie erfordere einen bedachtsamen Umgang, denn fossile Energien würden den Planeten aufheizen und erneuerbare Energien das Landschaftsbild verändern. "Den Ausbau von fossilfreier Energie voranzubringen bedeutet auch, die Energieautarkie in Europa nach vorne zu bringen", so Habeck. "Es gibt jetzt eine neue Allianz aus Klimaschutz und Energiesicherheit."
Habeck hinterfragte in Wien die Energielenkung, die sowohl in Deutschland als auch Österreich vorsieht, dass Haushalte besonders geschützt sind. Der Schutzgedanke "Frieren soll niemand" sei richtig, wenn es eine kurzfristige Störung der Versorgung gibt. "Das ist aber nicht das Szenario, dass wir jetzt im Moment haben, sondern wir gehen ja möglicherweise von einer monatelangen Unterbrechung aus", sagte der deutsche Minister. Es solle zwar auch in diesem Fall niemand frieren, aber die privaten Haushalte sollten einen Anteil leisten, denn ein monatelanger Stillstand in der Industrieproduktion hätte massive Folgen für die Menschen im Land.
Im Anschluss an das Gespräch und die Unterzeichnung der Erklärung besichtigten Habeck und Gewessler eine der stärksten Großwärmepumpen Mitteleuropas im Kraftwerk Simmering der Wien Energie. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hätte auch am Programm teilnehmen sollen, musste aber wegen einer Corona-Infektion absagen.
Am Nachmittag traf Habeck Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher sowie Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP). Edtstadler betonte nach der Unterredung: "Die Herausforderungen bei der Energieversorgung sind enorm, hier brauchen wir europäische Lösungen." Gleichzeitig können die Länder gegenseitig die Erfahrungswerte von anderen Mitgliedstaaten nutzen. "Deutschland hat mit schnelleren Genehmigungsverfahren und im Bereich Wasserstoff wichtige Akzente gesetzt, welche für uns Vorbild sein können." Kocher sagte, es gehe darum, bei den großen Herausforderungen gemeinsame Lösungen zu finden.
Den Abschluss des eintägigen Besuchs bildet eine Unterredung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.