Handelsangestellte starteten Warnstreiks
Die heurigen Kollektivvertragsverhandlungen bergen viel Zündstoff. Von heute bis inklusive Samstag finden österreichweit in mehr als 300 Handelsgeschäften Warnstreiks statt, in denen die Beschäftigten einige Stunden ihre Arbeit niederlegen. Bestreikt werden alle Branchen vom Buchhandel über große Modeketten bis hin zu Supermärkten, sagte GPA-Chefverhandlerin Helga Fichtinger am Donnerstag. Damit fallen die Warnstreiks mitten in den Start der Adventzeit.
Am Donnerstag in der Früh legten die Handelsangestellten etwa bei Interspar sowie bei Thalia im Wiener Donauzentrum ihre Arbeit für einige Stunden nieder. Ein Warnstreik ist im Unterschied zu einem Streik zeitlich befristet. Eine Liste der bestreikten Unternehmen will die Gewerkschaft nicht veröffentlichen - einerseits wegen des Überraschungseffekts, andererseits, weil die Arbeitgeber versuchen würden, Beschäftigte einzuschüchtern und aufzufordern, dass sie sich am Streik nicht beteiligen sollen, sagte Fichtinger im Ö1-"Morgenjournal" des ORF.
Am Nachmittag berichtete Gewerkschafterin Fichtinger von "massive(n) Einschüchterungsversuche(n) und Drohungen". "Wir sind aktuell mit Hilferufen von Angestellten konfrontiert, die uns per Mail und telefonisch mitteilen, dass sie derzeit massiv eingeschüchtert und sogar mit Kündigungen bedroht werden, wenn sie sich an Streikaktionen beteiligen sollten", so die Chefverhandlerin der GPA laut einer Aussendung. Es werde auch damit gedroht, bereits zugesagte betriebliche Treueprämien wieder zu streichen. Viele Beschäftigte würden sich derzeit aus Betrieben melden, in denen es noch keinen Betriebsrat gibt.
Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik sagte am Donnerstag in der Früh zum Vorwurf von Einschüchterungen: "Wenn es ein Fehlverhalten geben sollte, bitte klar sagen, hier gibt es ein Problem. Aber einen Generalverdacht einfach nur in den Raum stellen nach der Methode, es wird schon was hängenbleiben, das ist entschieden zurückzuweisen."
Am Dienstag waren die Gespräche über einen neuen Gehaltsabschluss im Handel in der vierten Runde erneut gescheitert. Zuerst hatte es noch ganz gut ausgesehen, aber letztlich lagen die Vorstellungen der Sozialpartner noch zu weit auseinander. Boten die Arbeitgeber ursprünglich ein Gehaltsplus von 5 Prozent und eine Einmalzahlung von 800 Euro, so sind es mittlerweile 6 Prozent sowie eine einmalige Prämie von 1.000 Euro. Auch die Gewerkschaft bewegte sich und reduzierte ihre Forderung von 9,5 Prozent und einen Fixbetrag von monatlich 40 Euro auf 9,4 Prozent zuzüglich 15 Euro Fixbetrag. Einmalzahlungen lehnen die Arbeitnehmervertreter aber ab.
Der Handels-KV ist einer der größten Kollektivverträge in Österreich und betrifft rund 430.000 Angestellte und Lehrlinge im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel. 70 Prozent aller Beschäftigten im Handel sind Frauen. Mehr als ein Drittel davon arbeitet Teilzeit. Ein neuer Gesprächstermin wurde noch nicht fixiert. (apa)