Forderung: Arbeitsmarktzugang für Migranten
Der von der Stadt ins Leben gerufene Wiener Integrationsrat hat am Donnerstag eine Untersuchung zur Situation von Migrantinnen bzw. Migranten am Arbeitsmarkt präsentiert. Gefordert wurde dabei, dass angesichts des herrschenden Fachkräftemangels diesen Gruppen ein deutlich besserer Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt werden sollte. Auch bürokratische Hürden bei der Beschäftigung von Asylwerbern wurde kritisiert. Eine Arbeitspflicht wird es für solche in Wien nicht geben.
In Wien ist die Zahl der Erwerbstätigen zuletzt auf 800.000 gestiegen. Dies ist laut der Migrationsforscherin Judith Kohlenberger, die als Sprecherin des Integrationsrats fungiert, vor allem auf Personen aus Drittstaaten zurückzuführen. Trotzdem gibt es laut dem Bericht des Rats noch Defizite bei der Arbeitsmarktintegration - auch von geflüchteten Personen. Von diesen sind 60 Prozent nach fünf Jahren Aufenthalt in Beschäftigung, bei den Frauen beträgt der Anteil aber nur rund ein Drittel.
Auch geschehe die Aufnahme einer Tätigkeit relativ spät, hieß es. In den ersten drei Jahren verlaufe sie noch schleppend. Das liegt laut Kohlenberger nicht zuletzt am Asylverfahren. Es sei zu begrüßen, dass während dieses Verfahrens inzwischen gearbeitet werden dürfe, für eine raschere Integration wären aber Erleichterungen nötig, befand sie. So solle die Beschäftigungsbewilligung beim AMS wegfallen, empfahl Kohlenberger. Dasselbe gelte auch für den derzeit nötigen Nachweis, dass keine anderen Arbeitskräfte als Ersatz gefunden werden konnten.
"Wir begrüßen auch die Möglichkeit für gemeinnützige Tätigkeiten, jedoch darf das nicht in eine Form von Zwangsarbeit ausarten", hielt sie fest. Hier seien etwa rechtliche Fragen offen, gab sie zu bedenken. Als sinnvoller wurde die Möglichkeit erachtet, dass die Betroffenen selbst Geld verdienen dürften. "Eine reguläre Arbeitsaufnahme mit einem regulären Gehalt wäre besser."
Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) stellte klar, dass es in Wien keine Arbeitspflicht geben werde: "Wien wird das sicher nicht machen." Es handle sich um eine "scheinheilige und absurde Diskussion". Die ÖVP selbst habe Asylwerbern bisher immer verboten zu arbeiten, gab er zu bedenken. "Ich bin nicht der Meinung, dass sie arbeiten müssen, sondern dass sie arbeiten sollen", betonte Wiederkehr.
Wien wird für 2024 das Budget für Nachqualifizierungen und Sprachkurse erhöhen, kündigte er als eine Konsequenz aus dem Statement des Integrationsrates an. Nötig seien aber auch deutliche Verbesserungen bei der Anerkennung bestehender Ausbildungen. So seien etwa aus der Ukraine viele akademisch ausgebildete Personen nach Wien gekommen. Es sei aber schwierig, deren Qualifikationen anzuerkennen, beklagte er. Der Ressortchef sprach sich für eine Erleichterung bei Nostrifizierungen und einen Bürokratie-Abbau bei der Rot-Weiß-Rot-Card aus. Aslywerber mit bestehenden Ausbildungen sollten etwa zu dieser umsteigen können.
Wien hat zuletzt auch ein Abkommen zur Anwerbung philippinischer Pflegekräfte mitunterzeichnet. Der Wiener Integrationsrat warnte heute davor, hier die Fehler der einstigen Gastarbeiter-Anwerbung zu wiederholen. Politikwissenschafts-Professorin Sieglinde Rosenberger drängte darauf, auch die soziale Integration der neuen Kräfte zu fördern. So sei etwa der Zugang zu Sprachkursen sicherzustellen. Auch der Familiennachzug müsse geregelt werden. Zu überlegen sei auch, wie der Arbeitsmarktzugang dieser Familienmitglieder aussehe, forderte Rosenberger. (apa)