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Kein Wirtschafts-Weihnachtswunder heuer Kein Wirtschafts-Weihnachtswunder heuer
Wirtschaft

Kein Wirtschafts-Weihnachtswunder heuer

Nur schwaches Wirtschaftswachstum für das nächste Jahr prognostiziert, vor allem die Industrie schwächelt.
W24 Redaktion
Donnerstag, 21. Dezember 2023
Verfasst am 21.12.2023 von W24 Redaktion

Nach einer milden Rezession im heurigen Jahr wird die schwächelnde Industrie die Konjunkturerholung 2024 in Österreich verzögern. Wifo und IHS revidierten in ihrer aktuellen Winterprognose das noch im Oktober erwartete reale Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr um 0,3 bzw. 0,1 Prozentpunkte nach unten auf 0,9 bzw. 0,8 Prozent. Nach zwei Jahren mit sehr hoher Teuerung soll sich die Inflationsrate 2024 hierzulande halbieren, aber deutlich über dem Eurozonenschnitt liegen.

Die heimische Wirtschaftsleistung wird laut den Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) heuer um 0,8 bzw. 0,7 Prozent schrumpfen. "Was uns 2023 belastet hat, sind ein schwacher Konsum und noch schwächere Investitionen, sowie Rezession im Handelssektor, im Bauwesen und in der Industrie", sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bei der Präsentation der Konjunkturprognose vor Journalisten in Wien. "Der Tiefpunkt der Konjunktur dürfte aber mit Jahresende 2023 durchschritten sein." Laut Felbermayr sollten steigende Reallöhne und ein stabiler Arbeitsmarkt den privaten Konsum anschieben und die Konjunktur beleben. "Der Bau wird 2024 weiter schrumpfen, auch die Industrie erholt sich angesichts sehr uneindeutiger Frühindikatoren nur schleppend", so der Wifo-Chef. Das heimische Wirtschaftswachstum soll dann 2025 rund 2,0 bzw. 1,5 Prozent erreichen.

Für IHS-Direktor Holger Bonin hat sich die Konjunkturprognose seines Instituts "im Kern seit dem Herbst nicht verändert". Man dürfe "nicht in den Krisenmodus verfallen". Sorgen bereitet Bonin aber die "hartnäckige" Teuerung. "Die Inflation ist nicht nur ein soziales Problem, sondern es wird für Österreich immer zum Standortproblem." Der Inflationsunterschied zu den anderen europäischen Ländern schließe sich in den kommenden Jahren nur langsam. Bonin und Felbermayr forderten von der heimischen Regierung eindringlich einen stärkeren Fokus auf die Inflationsbekämpfung, etwa durch eine Senkung der staatlichen Ausgaben. Außerdem wünschen sich die beiden Ökonomen angebotsseitige Strukturreformen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken und das Produktivitätswachstum anzukurbeln.

Die Inflationsrate soll von heuer 7,9 Prozent (Wifo) bzw. 7,8 Prozent (IHS) auf 4,0 bzw. 3,9 Prozent (2024) und 3,1 bzw. 3,0 Prozent (2025) sinken und damit deutlich über dem prognostizierten Eurozonenschnitt sowie dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent liegen. Die Inflation in Österreich dürfte 2024 und 2025 um knapp 1 Prozentpunkt höher sein als im Euroraum, unter anderem wegen einer hartnäckigen Teuerung bei Industriegütern, Nahrungsmitteln und vor allem Dienstleistungen.

Laut Wifo sind die Verbraucherpreise in Österreich seit 2019 um 22 Prozent gestiegen, in der Eurozone aber durchschnittlich nur um 17,8 Prozent. Im Jahr 2025 dürften die Verbraucherpreise in Österreich um 30,5 Prozent höher sein als 2019, im Eurozonen-Durchschnitt hingegen nur um 24,1 Prozent höher liegen. Von 2019 bis 2025 sollen die Löhne hierzulande um 33,5 Prozent steigen, das wäre um rund 10 Prozentpunkte mehr als in der Eurozone.

Das Wifo berechnet ab jetzt in seinen Konjunktur-Quartalsprognosen den Realwert des BIP pro Kopf als Wohlfahrtsmaßstab. Dieser Indikator misst die im Inland verfügbare Kaufkraft der erwirtschafteten Einkommen. In den letzten Jahren seien importierte Energie und Rohstoffe in Österreich sehr teuer geworden, was Wohlstand gekostet habe, aber nicht im realen BIP abgebildet werde, so der Wifo-Chef. Aktuell liege auch aufgrund hoher Zuwanderung, der Realwert des BIP pro Kopf um 2,5 Prozent unter dem Niveau von 2019 und erst 2025 schließe die heimische Volkswirtschaft zum Vorkrisenniveau auf. Im Eurozonendurchschnitt hingegen liegt der Wohlstandsindikator 2025 laut Wifo bereits um mehr als 4 Prozent über dem 2019er-Wert. Gute Nachrichten gibt es hingegen für die heimischen Arbeitnehmer. Die Lohnquote - der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen - soll von 69,6 Prozent im Jahr 2019 auf 73,2 Prozent im Jahr 2025 steigen und in Österreich sollen die Reallöhne bis 2025 um circa 2,4 Prozent über dem Vorkrisenniveau liegen, im Rest der Eurozone befinden sie sich laut Prognose hingegen noch darunter. Hierzulande habe sich bei den Lohnverhandlungen "tendenziell die Arbeitnehmerseite durchgesetzt", kommentierte Felbermayr die Zahlen.

Der Wirtschaftsabschwung hat den österreichischen Arbeitsmarkt bisher nur leicht getroffen, unter anderem auch weil die Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels Arbeitskräfte für den nächsten Aufschwung horten. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg von 6,3 Prozent im Jahr 2022 auf heuer 6,4 Prozent. Die Quote nahm auch zu, weil Vertriebene aus der Ukraine seit dem Frühjahr 2023 in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen. Für das kommende Jahr rechnet das Wifo mit einer gleichbleibenden Arbeitslosenrate und das IHS mit einem Anstieg um 0,2 Prozentpunkte auf 6,6 Prozent. 2025 soll die Rate dann wieder auf 6,0 bzw. 6,3 Prozent sinken.

Das Wifo erwartet heuer ein staatliches Finanzierungssaldo in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von minus 2,3 Prozent, das IHS mit einem Budgetsaldo von minus 2,8 Prozent. Für 2024 prognostizieren die Institute ein Finanzierungssaldo des Staates laut Maastricht-Definition von minus 2,4 bzw. minus 2,3 Prozent und für 2025 von minus 2 bzw. 2,2 Prozent. Inflationsbedingt steigende Ausgaben für Löhne und Gehälter, Pensionen und indexierte Sozialleistungen sowie höhere Zinsen bei der Staatsverschuldung belasten den öffentlichen Haushalt. Die Abgeltung der kalten Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie die Tarifsenkung bei der Körperschaftsteuer führen zu weniger Staatseinnahmen. IHS-Chef Bonin empfiehlt eine Reduktion der klimaschädlichen Subventionen, etwa bei der Pendlerpauschale. "Wo man nicht sparen sollte, ist bei den Zukunftsinvestitionen."

Der Wifo-Chef forderte auch "massive weitere Anstrengungen" bei der Klimapolitik. Es gebe 2024 und 2025 eine Reduktion der CO2-Emissionen, "aber eindeutig nicht schnell genug", sagte Felbermayr. Laut Wifo-Prognose liegen die österreichischen CO2-Emissionen im Jahr 2025 um 23 Prozent über dem im Regierungsprogramm anvisierten Reduktionspfad.