Zwei österr. Todesopfer bei Türkei-Beben
Nach dem Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet sind auch zwei Opfer mit österreichischer Staatsbürgerschaft zu beklagen. Wie das Außenministerium Dienstagmittag mitteilte, wurden diese in der Provinz Kahramanmaraş tot geborgen, weitere Vermisste gäbe es aktuell nicht. Die Opferzahl in beiden Ländern ist mittlerweile auf über 5.000 gestiegen. In der Türkei wurden 3.549 Tote gezählt, im Bürgerkriegsland Syrien mehr als 1.600 Todesopfer.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief den Notstand aus. Er gelte für drei Monate in zehn betroffenen Provinzen im Süden des Landes. Zugleich erklärte er die Region zum Katastrophengebiet. 70 Länder hätten inzwischen Hilfe bei den Such- und Rettungsmaßnahmen angeboten, sagte Erdogan. Die Regierung plane zudem, Betroffene vorübergehend in Hotels in der westlich gelegenen Tourismusmetropole Antalya unterzubringen.
Nachbeben und das schlechte Wetter mit niedrigen Temperaturen und Regen behinderten die Rettungsarbeiten und Hilfslieferungen. Hinzu kommen schlechte Internetverbindungen und beschädigte Straßen zwischen einigen der am stärksten betroffenen türkischen Städte, in denen Millionen von Menschen leben. In die drei am meisten betroffenen Provinzen Hatay, Kahramanmaras and Adiyaman dürften nur noch Rettungsfahrzeuge und Hilfstransporte fahren, sagte Oktay. Dasselbe gelte für den Verkehr aus den drei Provinzen.
In Syrien wurden Behörden und Einsatzkräften zufolge mindestens 1.602 Tote gezählt. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten stieg ihre Zahl der staatlichen Nachrichtenagentur Sana auf mindestens 812 an. Die Zahl der Verletzten liegt demnach in den betroffenen Provinzen Aleppo, Latakia, Hama, Idlib und Tartus bei mindestens 1.449. In den Rebellengebieten im Nordwesten des Landes wurden den Einsatzkräften zufolge mindestens 790 Tote registriert. Nach Angaben des von der Opposition betriebenen Zivilschutzes sind noch Hunderte Familien unter den Trümmern zerstörter Gebäude verschüttet. Die Zeit, sie zu retten, werde knapp, sagte der Leiter der als "Weißhelme" bekannten Organisation im von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens, Raed al-Saleh.
Mehr als 13 Millionen Menschen in der Türkei sind nach Einschätzung der Regierung von der Erdbebenkatastrophe betroffen. "Dieses Erdbeben hat 13,5 Millionen unserer Bürger direkt betroffen", sagte Städteminister Murat Kurum am Dienstag. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ergebe eine Übersicht der betroffenen Gebiete in beiden Ländern, dass "potenziell 23 Millionen Menschen" den Folgen des Bebens ausgesetzt seien, darunter fünf Millionen ohnehin besonders verletzliche Menschen, so die hochrangige WHO-Vertreterin Adelheid Marschang in Genf. Das UNO-Kinderhilfswerks UNICEF befürchtet, dass bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien mehrere tausend Kinder getötet worden sein könnten.
Die türkische Katastrophenbehörde AFAD teilte mit, dass 13.740 Such- und Rettungskräfte eingesetzt und mehr als 41.000 Zelte, 100.000 Betten und 300.000 Decken in die Region geschickt worden seien. Über das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU sind bereits 27 Such- und Rettungsteams mobilisiert worden. Wie der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic am Dienstagvormittag mitteilte, entspricht das insgesamt mehr als 1.150 Rettungskräften und 70 Hunden.
Griechenland schickte trotz der Spannungen mit der Türkei am Montag eine Rettungsmannschaft mit Spürhunden ins Erdbebengebiet. Eine israelische Hilfsdelegation ist in der Türkei angekommen, um dort nach den schweren Erdbeben bei der Suche nach Verschütteten zu helfen. Hilfszusagen kamen etwa auch aus Großbritannien, Indien, Pakistan, Finnland, Schweden, Russland, der von Russland angegriffenen Ukraine sowie den USA.
Am Dienstag sollten 85 Soldatinnen und Soldaten der "Austrian Forces Disaster Relief Unit" (AFDRU) in die Türkei abreisen, um dort Verschüttete zu retten. Nach bereits erfolgter Freigabe durch die EU wird sich das Erkundungsteam von Linz-Hörsching auf den Weg machen, am Vormittag am Flughafen Wien-Schwechat weiteres Equipment verladen und am Nachmittag werden die verbliebenen Kräfte abfliegen. Das Bundesheer würde daher gemeinsam mit freiwilligen Helfern und mit den örtlichen Rettungsorganisationen bei der Suche nach Verschütteten helfen, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).
Neben den Bundesheerkräften wird Österreich nach einer Anfrage der Türkei beim Zivilschutzmechanismus der Europäischen Union ein Team aus Vorarlberg in das Gebiet schicken. Bei den 25 Spezialisten handelt es sich um Feuerwehrleute, vier Hundeführer der Bergrettung mit speziell ausgebildeten Hunden sowie um drei Notärzte. Derzeit wird der Transport in die Türkei organisiert.
In der Nacht auf Montag hatte ein erstes Beben der Stärke 7,9 die Grenzregion erschüttert. Am frühen Montagnachmittag folgte dann ein weiteres Beben mit einer Stärke von 7,7. Nach Angaben des European Mediterranean Seismological Centre erschütterte Dienstagfrüh ein weiteres Erdbeben der Stärke 5,6 die Zentraltürkei.
Das Beben vom Montag war das verheerendste in der Türkei seit einem Beben ähnlicher Stärke im Jahr 1999, bei dem mehr als 17.000 Menschen ums Leben kamen. Das Epizentrum lag nahe der südtürkischen Stadt Gaziantep. (APA/Red)