2022 erneut Rückgang der Meldungen bei ZARA
Bei der Anti-Rassismus-Initiative ZARA sind 2022 erneut weniger Meldungen rassistischer Vorfälle registriert worden als im Jahr zuvor. Laut dem am Dienstag präsentierten Report waren es 1.479 - nach 1.977 im Jahr 2021. Angestiegen ist der Anteil jener Menschen, die nicht Zeugen, sondern selbst betroffen waren und die sich daraufhin an die Initiative gewandt haben. Er beträgt inzwischen 24 Prozent. Der Bericht wurde heuer erstmals im Wiener Rathaus präsentiert.
Dort fand heute auch eine Veranstaltung zum Internationalen Tag gegen Rassismus statt, wie der zuständige Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) erläuterte. Wien setze sich für Toleranz und Inklusion ein, hob er hervor. Auch SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso unterstrich die Bedeutung der Arbeit von ZARA. Sie forderte zugleich einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus.
ZARA hat 2022 insgesamt 1.479 Meldungen dokumentiert bzw. bearbeitet. Am häufigsten sind mit über 300 Vorkommnissen antimuslimische Handlungen registriert worden, gefolgt von antischwarzem Rassismus. Bei 999 der gemeldeten Fälle handelte es sich um diskriminierende Erfahrungen im Internet.
167 der "offline" erlebten Vorfälle wurden im öffentlichen Raum registriert, 134 im Bereich Dienstleistungen, 85 bei staatlichen Behörden oder Institutionen. Nicht enthalten sind Meldungen aus der Arbeitswelt. Diese werden an die Gleichbehandlungsanwaltschaft bzw. die Arbeiterkammer weitergeleitet.
ZARA-Geschäftsführerin Barbara Liegl ging auf die Zahlen bei der Präsentation nicht näher ein. Die Daten würden die Situation oft verfälschen und nichts über das Kernproblem - etwa strukturellen Rassismus - aussagen, versicherte sie. Darum lege man den Fokus etwa auf Schwerpunkte. Heuer handelt es sich um den Bereich Dienstleistungen. Denn immer wieder komme es in Geschäften, Lokalen oder auch Banken oder Verkehrsmittel zu rassistischen Vorfällen.
So schilderte etwa Saska Dimic von der Studierenden-Vertretung der österreichischen Roma und Romnja, dass sich Vorurteile immer wieder in alltäglichen Situationen manifestieren würden. Personen würden etwa von Mitarbeitern in Zügen als Zigeuner beschimpft. Ein Großteil dieser Vorfälle, so gab sie zu bedenken, werde gar nicht gemeldet.
Präsentiert wurde heute auch ein Forderungskatalog. ZARA spricht sich etwa für umfassende, von der öffentlichen Hand finanzierte Kampagnen aus. Auch genauere Statistiken zu Beschwerden werden urgiert.
Wiederkehr ging bei seinem Statement heute auch auf den türkis-blauen Pakt in Niederösterreich ein. Dort sei eine "Ausgrenzungskoalition" geschmiedet worden, beklagte er. Wien stehe für das Gegenteil. Schülerinnen und Schüler würden etwa unabhängig von ihrer Herkunft willkommen geheißen, versicherte der Vizebürgermeister. Im Februar hatte der niederösterreichische FPÖ-Politiker Gottfried Waldhäusl Schülern in einer TV-Diskussion erklärt, dass Wien noch Wien wäre, wenn viele von ihnen nicht in Wien in die Schule gehen würden.
Das bisher gute Verhältnis zwischen Wien und dem Nachbarbundesland scheint sich somit weiter einzutrüben. Erst gestern hatte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Zweifel daran geübt, dass die gute Zusammenarbeit in der Ostregion weitergehen werde wie bisher.
Auch die Integrationssprecherin der Grünen im Parlament, Faika El-Nagashi, verwies auf aktuelle Ereignisse: "Vorfälle wie der Brandanschlag auf dem Gelände einer geplanten Asylunterkunft in Linz im März dieses Jahres, die Herabwürdigungen von Wiener Kindern mit Migrationsbiografie durch den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Waldhäusl, das permanente Verunglimpfen von Geflüchteten - all das geschieht zu oft unter Achselzucken politischer Verantwortlicher", warnte sie.
Rassismus sei eine ernst zu nehmende Gefahr für die Gesellschaft. Das im Kulturministerium angesiedelte Kompetenzzentrum für Diversität, Antirassismus und Antidiskriminierung sei in dieser Hinsicht ein Best-Practice-Beispiel, zeigte sich die Grün-Politikerin überzeugt. Es fördere Maßnahmen zu Diversität und trete Rassismus und Diskriminierung entgegen, insbesondere im Bereich der Ausbildung des öffentlichen Dienstes.
"Heuer begehen wir den 75. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Das sollte für alle Staaten ein Ansporn sein, in Recht und Praxis unverzüglich energische Schritte zu unternehmen, um Gleichstellung zu fördern und Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und die damit zusammenhängende Intoleranz zu bekämpfen", befand die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr, die auch Generalberichterstatterin gegen Rassismus und Intoleranz der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist.
Es sei wichtig, die wertvolle Arbeit von Einzelpersonen und Organisationen anzuerkennen, die öffentlich ihre Stimme gegen Rassismus erheben. Parlamentarierinnen und Parlamentarier in ganz Europa würden hier eine Schlüsselrolle einnehmen. "Mit Gesetzen, speziellen Programmen und unserer täglichen politischen Arbeit können wir dazu beitragen, Rassismus und Intoleranz zu beenden", zeigte sich Bayr in einer Aussendung überzeugt. (apa)