Wiener "Gewaltschutznetz" wächst
Das Wiener "Gewaltschutznetz" wird ausgebaut: Ein bestehendes Frauenhaus wurde speziell für Mädchen und junge Frauen im Alter von 16 bis 25 Jahren adaptiert. 28 Plätze, 24 Regel- und vier Notplätze, stehen für die Betroffenen zur Verfügung. Darüber hinaus legt die Stadt mit einer zielgerichteten Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) einen Schwerpunkt auf Arbeit und Ausbildung, wie am Mittwoch bei einem Hintergrundgespräch im Wiener Rathaus zu erfahren war.
Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) verwies auf "Selbstständigkeit und Unabhängigkeit" als "Wege in ein gewaltfreies Leben". Junge Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, hätten andere Bedürfnisse als ältere. Diesen werde nun unter einem Dach Rechnung getragen. Von pubertären Problemen bis Essstörungen, die meisten bräuchten vor allem intensivere Betreuung. Das gesamte Beratungs-, Betreuungs- und Schutzangebot dieser Kriseneinrichtung richtet sich in erster Linie an diese Zielgruppe.
Anfang des Jahres sind die ersten Bewohnerinnen in ein fünftes Wiener Frauenhaus eingezogen, das Ende 2022 eröffnet wurde. Die Bewohnerinnen haben eigene Zimmer, pro Stockwerk gibt es eine Gemeinschaftsküche und Duschen. Das Haus verfügt über einen großen Garten und Gemeinschaftsräume. Ein zentraler Aspekt ist die ökonomische Unabhängigkeit, der mit einer Kooperation mit dem AMS Wien Rechnung getragen wird. Seit November des Vorjahres läuft das 272.000 Euro teure Projekt, das bis dato 29 Klientinnen beraten hat. AMS-Wien Geschäftsführerin Petra Draxl zog eine erste "sehr positive" Bilanz.
Insgesamt stehen nun 228 Plätze in fünf Frauenhäusern in der Bundeshauptstadt für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder zur Verfügung. 14 Tage bleiben die meisten Betroffenen in einer derartigen Einrichtung, bis zu einem halben Jahr dauert der Aufenthalt. Manche kommen mehrmals, erzählte Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser.
"Das beste Mittel gegen häusliche Gewalt ist immer noch Gleichstellungspolitik", so Martina Ludwig-Faymann, Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser. Eigenes Einkommen zu generieren, sei ein zentraler Aspekt. Fast ein Drittel verfüge bei der Ankunft über keinerlei Einkommen, erläuterte Brem. Die Selbstständigkeit der Mädchen zu fördern und ihnen Sicherheit zu vermitteln seien zentrale Aspekte, darüber hinaus wird zielgruppengerechte Beratung und Betreuung angeboten.
Im Vorjahr fanden laut dem Verein Wiener Frauenhäuser in seinen Einrichtungen 624 Frauen und 640 Kinder Zuflucht und Schutz. Das entsprach 71.501 Aufenthaltstagen. In Übergangswohnungen stehen 54 Plätze zur Verfügung.
Auch die angebotene "Männerberatung Wien" habe sich bewährt, zeigten sich die Expertinnen und Experten überzeugt. Etwa ein Drittel kommt freiwillig. Angeboten werde neben "opferschutzzentrierter Täterarbeit" auch präventives Anti-Gewalt-Training mit zwei konkreten Gruppenangeboten für Jugendliche. Hier finden manche Burschen und junge Männer erste positive männliche Vorbilder. Für erwachsene Männer gibt es Einzel- und Gruppenangebote. Bewohnerinnen von Frauenhäusern, die noch dringend Klärungsbedarf mit dem Gefährder haben, werden bei diesen Klärungsgesprächen konkret unterstützt und von einem Berater der Männerberatung und einer Frauenhausmitarbeiterin begleitet, erläuterte Bernd Kühbauer, Leiter der Männerberatung Wien. (apa/vk)
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