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Kunsthalle Wien lädt zur Entdeckung Skopjes Kunsthalle Wien lädt zur Entdeckung Skopjes
Kunst

Kunsthalle Wien lädt zur Entdeckung Skopjes

Üppige Schau über den architektonischen und kulturellen Wiederaufbau der Metropole.
W24 Redaktion
Donnerstag, 20. April 2023
Verfasst am 20.04.2023 von W24 Redaktion

Das Erdbeben von Skopje 1963 ist hierzulande wohl wenigen ein Begriff. Die Kunsthalle Wien will dies nun ändern. "No Feeling Is Final. The Skopje Solidarity Collection" zeigt nicht nur den nachfolgenden architektonischen Aufbruch in Richtung Moderne, sondern setzt sich vor allem mit dem als Teil des Wiederaufbaus entstandenen Museum für zeitgenössische Kunst (MoCA) auseinander. Ein spannender Ausflug in die heutige Hauptstadt Nordmazedoniens - bebildert von Elfie Semotan.

Kuratiert wurde das Projekt vom Mitte 2024 scheidenden Zagreber Leitungskollektiv WHW - bestehend aus Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović -, das hier einmal mehr versucht, den Blick bewusst auf mittel- und osteuropäische Kunst zu lenken. Das Ergebnis ist eine "sehr dichte und sehr komplexe" Schau, deren Fundament die jüngere Stadtgeschichte der einstigen jugoslawischen Metropole bildet, wie Sabolović bei einer Presseführung am Donnerstag erklärte.

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Als die Erde in Skopje am 26. Juli 1963 bebte, wurden rund 80 Prozent des Zentrums zerstört. Im Rahmen des Wiederaufbaus wurde entschieden, ein Museum für zeitgenössische Kunst zu gründen. Die Vereinten Nationen verbreiteten dafür einen Spendenaufruf an Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt, Werke für den Bestand dieses Neubaus zu spenden. 1970 wurde das MoCA schließlich mit mehr als 2.000 Arbeiten eröffnet. Das Spannende der Sammlung sei, dass sie nicht durch Vorlieben eines Direktors geprägt werde oder der nationalen Repräsentation diene, sondern vielmehr eine Zeitkapsel internationaler Kunst aus dem Geist der Solidarität und Humanität darstelle, meinte Sabolović.

Das Kuratorinnenteam hat für die Ausstellung einige Künstlerinnen und Künstler eingeladen, Werke aus der "Skopje Solidarity Collection" des MoCA auszuwählen und sie in Kombination mit eigenen Arbeiten für die Kunsthalle zu inszenieren. Güslün Karamustafa präsentiert etwa einen Teil seiner eigenen Kitschsammlung auf Blumentischchen - Stichwort Porzellanengerl - mit Gemälden von Bogoja Popovski ("Blumen") bis Božidar Damjanovski ("Angel in White") auf einer floral tapezierten Wand als "Crime Scene".

Sehr aufmerksamkeitserregend ist das Display von Brook Andrew aus Melbourne. Er hat eine aufblasbare, hüpfburgartige Riesenmatratze aufgelegt, auf der man laut Anweisung zwar nicht springen, aber immerhin liegen und sitzen darf. Das Muster aus schwarzen und weißen Linien zieht sich auf der Mauer weiter und bildet den Hintergrund etwa für Picassos blaugrauen "Kopf einer Frau", Jasper Johns' "Skin with O'Hara Poem" oder eine übergroße Ambossskulptur von Oto Logo aus Belgrad. Siniša Ilić wiederum stellt vor eigene filigrane Papierarbeiten teils wuchtige skulpturale Objekte, die vor dem Hintergrund des Erdbebens wohl nicht zufällig an Zerstörung und Ruinen denken lässt.

Eine eigene Sektion der Ausstellung widmet sich dem MoCA selbst, seiner Entstehungsgeschichte und den dort beherbergten Leihgaben, von denen einige in der Kunsthalle ausgestellt sind - darunter Arbeiten von David Hockney, Niki de Saint Phalle, Georg Baselitz, Christo und Jeanne-Claude oder Alfred Hrdlicka.

Strukturiert wird das äußerst vielfältige wie zuweilen überfordernde Sammelsurium von einem historisch-politischen Abschnitt, der sich durch die Mitte des Raumes zieht. Hier erfährt man nicht nur genaueres über das Erdbeben und seine Folgen, sondern dank eines Masterplan-Modells, Planzeichnungen und hölzernen Baumodellen vor allem über die stadtplanerischen Visionen des japanischen Stararchitekten Kenzō Tange, der Skopje gewissermaßen als modernistische Vorzeigestadt neu gedacht hatte.

Viele davon wurde verwirklicht. Allerdings läutete 2010 die damalige nationalistische Regierung das Vorhaben "Skopje 2014" ein, das dem modernistischen Stadtbild einen historischen Anstrich irgendwo zwischen Neoantike und Neobarock geben wollte. Klassizistische Brücken und ein Triumphbogen wurden errichtet, bestehende Gebäude mit antikisierender Fassade ausgestattet oder historisierend "renoviert". Obwohl einige Pläne durch Proteste verhindert bzw. durch einen Regierungswechsel zumindest teilweise gestoppt wurden, ist "Skopje 2014" nach wie vor präsent im Stadtbild, wobei viele nachlässig errichtete vermeintliche Schmuckstücke schon wieder bröckeln.

elfie-semotan-ot-zentrales-postamt-und-telekommunikationszentrum-skopje-2022 Bild: Elfie Semotan

Großes Asset sind die vielen Bilder, die die österreichische Starfotografin Elfie Semotan für die Ausstellung aus Skopje mitgebracht hat. Sie machen Lust, diese hierzulande noch recht unbekannte, schöne wie wilde Stadtlandschaft einmal selbst kennenzulernen. Wer das nicht schafft, kann bis 28. Jänner 2024 eine Reise in die Kunsthalle antreten. (apa/vk)

Bilder: www.kunst-dokumentation.com