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Antimuslimischer Rassismus nimmt zu Antimuslimischer Rassismus nimmt zu
Gesellschaft

Antimuslimischer Rassismus nimmt zu

Hass im Netz dominant - Dokustelle sieht Intensivierung bei rassistischer Polizeigewalt.
W24 Redaktion
Montag, 22. Mai 2023
Verfasst am 22.05.2023 von W24 Redaktion

1.324 Fälle von rassistischen Übergriffen gegen Musliminnen und Muslime hat die Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus im Jahr 2022 verzeichnet. Bei der Präsentation des mittlerweile achten Antimuslimischen Rassismus Reports erkannte man zahlreiche Fälle von Hass im Netz, aber auch intensivere rassistische Polizeigewalt. Im Vergleich zum Vorjahr sind es um rund 300 Fälle mehr. "Jeder Fall ist ein Fall zu viel", so Rechtsberaterin Dunia Khalil von der Dokustelle bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien.

1.080 Fälle beobachtete man im Internet, 244 Fälle "offline", sagte Khalil. Letztere passieren etwa im Bildungsbereich, im Arbeitsumfeld oder beim Zugang zu Dienstleistungen. Bei 31,6 Prozent handelt es sich um Ungleichbehandlung, bei 21,7 Prozent um Beleidigung und bei 18,9 Prozent um Vandalismus. "Die Täter nutzen die Anonymität der Öffentlichkeit", schlussfolgerte Khalil, die auch bei der rassistischen Polizeigewalt in Österreich steigende Tendenzen festmachte. Dabei handle es sich etwa um körperliche Gewalt oder unerklärliche Anhaltungen. Vermehrt sind Frauen von antimuslimischem Rassismus betroffen - 98 Frauen stehen 37 Männern gegenüber.

Bei den im Internet - etwa in den Sozialen Medien - verzeichneten Fällen handelte es sich in 92,3 Prozent um die Verbreitung von Hass. Dieser wurde etwa in Verbindung mit bestimmten politischen Ereignissen sichtbar. Der Anfang 2022 bekannt gewordene Sideletter der Koalitionsparteien zum Thema Kopftuchverbot für Lehrerinnen habe eine Flut an Hasskommentaren ausgelöst. Der Krieg in der Ukraine wiederum zeige, dass Geflüchtete aufgrund ethnischer Zugehörigkeit ungleich behandelt werden, so Khalil.

Probleme sieht die Leiterin der Dokustelle, Rumeysa Dür-Kwieder, auch in "befangenen" wissenschaftlichen Arbeiten zu Muslimen. Sie kritisierte etwa die umstrittene Studie, für die muslimische Schülerinnen und Schüler aus dem Regelunterricht geholt wurden und etwa dazu befragt wurden, ob Muslime nur mit ihresgleichen befreundet sein oder Frauen für unsittliches Verhalten bestraft werden sollen. Aus solchen Studien würden schließlich Maßnahmen gegen Muslime abgeleitet, so Dür-Kwieder.

1.061 Fälle verzeichnete man noch 2021, wobei die Sprecherinnen betonten, dass die Zahlen nur eine Momentaufnahme darstellen. Nach einem Schwerpunkt auf Vernetzung habe man diesmal vermehrt Fälle aus den Bundesländern betreut. Für die Dokustelle sei es ein Jahr des Wachstums gewesen, so Dür-Kwieder. Zum ersten Mal habe man eine Grundfinanzierung für die zuvor ehrenamtliche Tätigkeit bekommen, es gebe nun etwa einen Ausbau der psychosozialen und rechtlichen Beratung.

Ähnliche Beobachtungen gebe es in ganz Europa, so Ojeaku Nwabuzo von der Interessensorganisation "European Network Against Racism", deren Mitglied die Dokustelle ist. In Österreich brauche es einen Nationalen Aktionsplan (NAP) gegen Rassismus, der aufzeigt, was antimuslimischer Hass ist und wie man dagegen vorgehen kann. Mit dem Report gehen auch für die Dokustelle politische Forderungen einher - "konkrete Maßnahmen, um Betroffene zu schützen", so Vorstandsmitglied Ümmü Selime Türe. Diese beinhalten neben der Ausarbeitung und Umsetzung des NAP etwa die Anerkennung von antimuslimischem Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen sowie eine rechtlich verankerte Arbeitsdefinition dessen. Beim Gestalten von Maßnahmen und Strategien gegen Rassismus soll die Regierung rassismuskritische zivilgesellschaftliche Akteure einbinden.

Handelsbedarf sieht Dür-Kwieder schließlich bei Politik und Medien, die antimuslimischen Rassismus ansprechen sollen: "Den Schutz vor Diskriminierung können wir nur dann bieten, wenn wir als Gesamtgesellschaft das Problem beim Namen nennen und wir es ernst nehmen mit den freien demokratischen Rechten eines jeden Individuums in Österreich."

Unterstützung erhält die Dokustelle von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), deren Präsident Ümit Vural in einer Aussendung ebenfalls einen NAP fordert: "Die Politik ist dazu angehalten, sich unmissverständlich gegen jedwede Form von rassistischer Diskriminierung gleichermaßen auszusprechen." (apa/vk)