Architekturbiennale: Dokumentation des Scheiterns
Bewegt man sich heuer auf den Österreich-Pavillon der 18. Architekturbiennale von Venedig zu, wirkt der 1934 von Josef Hoffmann realisierte, symmetrische Bau geschlossen. Die schräg im Eingangstor platzierte Rigipswand ist nur teilgestrichen, durch ein Sichtfenster blickt man rechts auf den Unterbau einer unzugänglichen Tribüne: Hier beschäftigen sich das Wiener Architekturkollektiv AKT und der Architekt Hermann Czech mit der Raumpolitik der Biennale.
Mit der architektonischen Intervention, die von den Giardini aus nur die Hälfte des Pavillons begehbar macht, wollte man der Bevölkerung von Venedig ursprünglich einen Teil jenes öffentlichen Raums zugänglich machen, der ihr aufgrund der stetigen räumlichen Ausbreitung der Biennale kontinuierlich genommen wird. Doch sowohl ein Durchbruch durch die angrenzende Mauer, die die Giardini vom Stadtteil Sant'Elena trennt, als auch eine alternative Brückenkonstruktion wurde den diesjährigen österreichischen Teilnehmern verwehrt. Und so verharrt der Pavillon in einem Stadium der Unfertigkeit: Zwischen Bauzäunen gelangt man über den links angeordneten Ausstellungsraum in den Hof, der von der gescheiterten Partizipation zeugt, die dem Projekt ("Partecipazione / Beteiligung") ihren Namen gibt. Über eine Treppe steigt man die nur halb errichtete Brücke hinauf, um einen Blick in den benachteiligten Stadtteil zu werfen, im zweiten - nun abgesperrten - Teil des Pavillons stößt man auf eine unzugängliche Rezeption und die verwaiste Tribüne.
Hier hätte die Bevölkerung in den kommenden Monaten einen laut AKT dringend notwendigen, kostenlos zugänglichen Versammlungs- und Diskussionsraum vorgefunden, der nun auch für das zahlende Biennale-Publikum unzugänglich bleibt. Ein Szenario, das Czech und AKT bereits bei der Präsentation ihres Konzepts vor mehr als einem Jahr mitgedacht hatten. Jetzt wird die Leerstelle zum zentralen Exponat. Auch der bespielte Teil des Pavillons widmet sich der Expansion der Biennale anhand von Zeittafeln, die die Ausbreitung der Biennale-Flächen seit Ende des 19. Jahrhunderts dokumentieren. Auch die Korrespondenz mit der Biennale im Zuge der Ablehnung der Pläne ist nachzulesen.
Ein eigenes Kapitel ist dabei dem Arsenale gewidmet, das im Jahr 1980 anlässlich der ersten Architekturbiennale restauriert und für die Ausstellungen nutzbar gemacht wurde. Die dort stattfindende ausschließliche Nutzung für den zahlenden Kulturtourismus wird seither von zahlreichen Initiativen kritisiert, die seit Jahren eine öffentliche Durchwegung und die Öffnung des Arsenale für die lokale Bevölkerung fordern. "Damit Menschen an Stadt beteiligt sein können, müssen sie über ein Stück Stadt verfügen", heißt es dazu in einem der Wandtexte. "Zum Konzept der Beteiligung gehört deshalb die Abgabe von Raum", sind Czech und AKT überzeugt.
So wurde bereits vor eineinhalb Jahren der Kontakt zur Bevölkerung Sant'Elenas sowie "Recht-auf-Stadt-Initativen" gesucht und ein gemeinsames Programm entwickelt, um den Mangel an leistbaren privaten wie öffentlichen Flächen aufzuzeigen und zu diskutieren. Diese Veranstaltungen werden nun nicht im Österreich-Pavillon stattfinden, sondern in "prekäre Resträume der umliegenden Nachbarschaft" verlagert. Um den Österreich-Pavillon und die dortige Auseinandersetzung mit ihren Themen zu besuchen, muss die lokale Bevölkerung übrigens regulär Eintritt bezahlen. (APA)