Demonstration am tausendsten Tag des Ukraine-Kriegs
Anlässlich von 1.000 Tagen russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine wird am und um den 19. November auch in Österreich daran erinnert, dass dieser größte militärische Konflikt in Europa seit 1945 weiterhin ungebrochen tobt. In der Ukraine dürfte der Tag indes nur geringe Beachtung finden. Im Land würden nur wenige an ein Ende des Krieges selbst bis zum dritten Jahrestag am 24. Februar 2025 glauben, erklärte der Kiewer Politologe Wolodymyr Fessenko am Donnerstag der APA.
Bereits am Sonntagnachmittag demonstrieren Aktivisten der losen Vereinigung "Russians against War" in der Wiener Innenstadt für "Frieden in der Ukraine und ein freies, demokratisches Russland". Am Montag setzen westliche Diplomatinnen und Diplomaten im Haus der Europäischen Union ein "Zeichen der Solidarität mit der Ukraine". Und am Dienstag, dem tausendsten Tag des vollwertigen Kriegs von Russland gegen sein Nachbarland, veranstaltet die ukrainische Diaspora in Österreich unweit des Stephansdoms eine Kundgebung zum "1.000. Tag der Ehre".
Würden Wünsche der ukrainischen Botschaft erfüllt, könnten am Dienstag zudem zentrale Bauwerke in Wien erneut mit den ukrainischen Nationalfarben beleuchtet werden. Im Parlament, das etwa zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar 2024 blau und gelb angestrahlt worden war, gab es bei einer Präsidiale des Nationalrats am Donnerstag dazu jedoch noch keine Entscheidung.
"Das ist nicht das erste und letzte symbolträchtige Datum des aktuellen großen Kriegs", erläuterte Politologe Fessenko. In der Ukraine konzentriere man sich nicht allzu sehr auf symbolische Tage zum Krieg und mit 2024 sei etwa auch der nicht minder bedeutende 10. Jahrestag der militärischen und politischen Konfrontation mit Russland nahezu unbemerkt verstrichen, betonte er. Präsident Wolodymyr Selenskyj werde jedenfalls die runde Zahl in seiner täglichen Videobotschaft thematisieren und es könnte zum Anlass auch eine Pressekonferenz des Staatsoberhauptes geben.
Das wichtigste Ergebnis von 1.000 Tagen Krieg sei es, dass die Ukraine ungeachtet aller Widrigkeiten standgehalten habe. Auch hätten die Ukrainer keinesfalls vor, sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu ergeben. Gleichzeitig sei eine Kriegsmüdigkeit vorhanden und viele hätten auch das Bestreben, diesen Krieg zu beenden, schilderte der Politologe. "Der Krieg hat uns zu Fatalisten gemacht. Ungeachtet was passiert, auch der Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen, gibt es für uns keine Wahl: Wir werden für unsere Zukunft kämpfen und für das Überleben unseres Staates, unserer Nation", sagte er.
Zu Trump gebe es in der Ukraine widersprüchliche Erwartungshaltungen, erzählte Fessenko. Es gebe sowohl Befürchtungen, dass dieser die Ukraine zu einem ungerechten Frieden zwingen könnte, als auch mit ihm verbundene Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende oder zumindest auf eine größere Entscheidungsfreudigkeit als beim scheidenden US-Präsident Joe Biden.
In der Ukraine ist und bleibt der russische Angriffskrieg jedenfalls das dominierende Thema: Im Tagesrhythmus betrauern Ukrainer Mitbürger, die als Soldaten an der Front fallen oder die als Zivilisten im Hinterland Opfer von russischen Angriffen aus der Luft werden. Am Donnerstag wurde etwa in Krywyj Rih, der Heimatstadt von Präsident Selenskyj, unter großer Anteilnahme die 32-jährige Olena Kulyk und ihre drei Kinder im Alter von 10 Jahren, zwei Jahren sowie zwei Monaten zu Grabe getragen. Lediglich der 33-jährige Familienvater Maksym Kulyk hatte am 11. November den Einschlag einer ballistischen Rakete in einem Mehrfamilienhaus überlebt - er war in einem anderen Raum gewesen.
Der Krieg selbst befindet sich nach Ansicht von Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer mittlerweile in seiner siebenten Phase, die mit einer russischen Sommeroffensive im Mai 2024 begonnen hat. Mit Verweis auf ukrainische Angaben sprach der Oberst vergangene Woche bei einem Vortrag in Deutschland davon, dass derzeit auf russischer Seite 640.000 Mann gegen die Ukraine im Einsatz seien und sich diese Zahl bis Ende des Jahres auf 700.000 erhöhen dürfte. Zu Kriegsbeginn 2022 seien es hingegen lediglich 190.000 Mann gewesen. (apa/red)