Stadt Wien geht gegen Spekulationshäuser vor
Lassen Gebäudeeigentümer*innen ihren Altbau absichtlich verwahrlosen, bis er abbruchreif ist, oder versuchen sie, ihre Mieter*innen „rauszuekeln“, um die Immobilie zu sanieren und dann teurer zu vermieten, spricht man von Spekulationshäusern.
Dagegen geht die Stadt Wien nun rechtlich vor. Die Möglichkeit der Zwangsverwaltung ist der neueste Punkt im 7-Punkte-Maßnahmenpaket gegen Spekulationshäuser.
Bei einem Bestand von rund 140.000 Häusern in Wien geht die Stadt jetzt gegen 12 akute Spekulationsobjekte vor. Vier besonders schwerwiegende Fälle will die Stadt vor Gericht beziehungsweise vor die Schlichtungsstelle bringen.
Zum Schutz von Altbauten laufen auch eigene Gebäudemonitorings, bei denen auf bauliche, feuerpolizeiliche und sanitäre Mängel geprüft wird. Schließlich geht es nicht nur um die rund 200 Mieter*innen in den 4 heruntergekommenen Spekulationsobjekten, sondern auch um das äußere Erscheinungsbild der Stadt.
7-Punkte-Maßnahmenpaket gegen Spekulationshäuser im Überblick
Begehrung der Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten im Zivilrechtsweg gemäß §6 Mietrechtsgesetz („Zwangsverwaltung“). Hier ist oft das Verwahrlosen von Gebäuden eine Strategie von Wohnhausspekulation, um die Bewohner*innen quasi „rauszuekeln“. Gemäß § 6 Mietrechtsgesetz (MRG) kann die Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten im Zivilrechtsweg begehrt werden. Nach Abschluss der internen Prüfungen bringt die Stadt Wien nun erstmals vier Fälle vor Gericht bzw bei der Schlichtungsstelle ein.
Einleitung einer Ersatzmaßnahme auf Kosten der Hauseigentümer*innen: Wenn Hauseigentümer*innen ihre Gebäude nicht den Bauvorschriften entsprechend instandhalten, erlässt die Baupolizei einen Bescheid, damit die Hauseigentümer*innen die notwendigen Maßnahmen setzen. Bei Unterlassung wird durch die Abteilung Technische Stadterneuerung die Einleitung einer Ersatzmaßnahme auf Kosten der Hauseigentümer*innen. Beispiele sind etwa: Fassaden und Gesimse abschlagen und sichern, Schutz gegen Niederschlagswässer oder die Herstellung der Stromversorgung. Im Jahr 2024 wurden bereits rund 250 Ersatzmaßnahmen bei rund 90 Gebäuden eingebracht.
2023 wurde die Bauordnung novelliert. Seitdem wurde keine „wirtschaftliche Abbruchreife“ erteilt. Zusätzlich gibt es mit dem Gebäudepickerl bzw. dem Bauwerksbuch nun verpflichtende regelmäßige Checks und eine Dokumentationspflicht bezüglich der Behebung von Baugebrechen.
Förderung von Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der Sanierungs- und Dekarbonisierungsnovelle: Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung von Sanierungsmaßnahmen in Gebäuden und innerhalb von Wohnungen.
Offensive Altbautenschutz: Die Stadt Wien sagt damit der mutwilligen Vernachlässigung von Gründerzeithäusern den Kampf an. Es geht darum, die unmittelbaren Lebensbedingungen der Bewohner*innen von Gründerzeithäusern zu verbessern, den leistbaren Wohnraum langfristig abzusichern und gleichzeitig das Stadtbild abzusichern. Derzeit sind Teams der Baupolizei und der Gruppe Sofortmaßnahmen in neun Bezirken (aktuell in Hietzing und in Floridsdorf) im Einsatz und überprüften an 38 Aktionstagen 4.300 Gebäude auf bauliche, feuerpolizeiliche und sanitäre Mängel. Dabei kam es zu 832 Beanstandungen. Mit 2025 finden in Simmering und Ottakring in zwei weiteren Bezirken erste Screening-Termine statt.
Unterstützung durch die MieterHilfe für betroffene Mieter*innen: Die MieterHilfe der Stadt Wien bietet umfassende Unterstützung für Mieter*innen, die von Wohnungsspekulation und daraus resultierenden Problemen bedroht sind. Dazu zählen die persönliche Kontaktaufnahme in den betroffenen Gebäuden, die Beratung zu Mieter*innenrechten, die konkrete Unterstützung bei Anerkennung als Hauptmieter*in bei Scheinuntermieten und Umgehungen der Hauptmietrechte sowie Mietzinsüberprüfungen. Weiters unterstützt die Mieterhilfe bei der Organisation und Abhaltung von Mieter*innenversammlungen und der vernetzten Zusammenarbeit und Vorgehensweise. Die MieterHilfe führt derzeit in 15 Häusern Verfahren, bei denen Mieter*innen von der Stadt (MieterHilfe/Rechtshilfefonds) unterstützt werden.
Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft: Gleichzeitig zu den zu Beginn vier vorliegenden Anträgen gemäß §6 Mietrechtsgesetz werden Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht - zu folgenden Punkten: Untreue (Kautionen, Mietzinsreserven), Betrug, Täuschung, Entziehung von Energie und kriminelle Vereinigung. In diesem Zusammenhang mögliche weitere Delikte wären Sachwucher, Veruntreuung, Urkundenfälschung und Nötigung sowie Abgabenhinterziehung und Abgabenbetrug.