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Breitenlee: Natur statt Schienen und Verbauung Breitenlee: Natur statt Schienen und Verbauung
Umwelt

Breitenlee: Natur statt Schienen und Verbauung

Stadt und ÖBB gaben Startschuss für 90 Hektar umfassendes "Naturschutz-Areal Breitenlee" im 22. Bezirk.
W24 Redaktion
Donnerstag, 13. Juni 2024
Verfasst am 13.06.2024 von W24 Redaktion

Unabhängig vom aktuellen Hick-Hack rund um das EU-Renaturierungsgesetz wurde am Donnerstag das - laut Angabe der Initiatoren - in Wien bisher größte Projekt in Sachen Wiederherstellung auf Schiene gebracht. Und das im wahrsten Sinn des Wortes: Der alte Verschiebebahnhof Breitenlee in der Donaustadt soll zu einem 90 Hektar umfassenden Naturschutz-Areal werden. Das ist in etwa die doppelte Fläche der Steinhofgründe im 16. Bezirk bzw. eine Fläche so groß wieder 8. Wiener Gemeindebezirk, wie bei einem Pressegespräch am Donnerstag betont wurde.

Natur statt Verbauung

Die Weichen für die Renaturierung des einstigen Betriebsgeländes wurden von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und ÖBB-Infrastrukturvorständin Silvia Angelo gestellt. Sie haben einen "Letter of Intent" für die Einrichtung des "Naturschutz-Areals Breitenlee" unterzeichnet, dessen Inhalt am Donnerstag präsentiert wurde. Eine Verbauung der großen Fläche wird damit eine Absage erteilt, fortgeführt wird vielmehr eine Entwicklung, die vor Jahrzehnten begonnen hat.

Biologische Brückenfunktion

Denn der Bahnhof im Nordosten der Stadt ist nach 1945 nie in seiner ursprünglichen Größe verwendet worden. Nur ein kleiner Teil wurde tatsächlich genutzt. Dadurch konnte sich laut Stadt auf dem Areal im Nordosten Wiens ein vielfältiger Biotopkomplex aus Trockenrasen sowie naturnahen Wäldern und Teichen ausbilden. Das Gebiet verfügt auch über eine biologische Brückenfunktion zwischen dem Schutzgebiet Bisamberg und der Lobau bzw. dem Nationalpark Donau-Auen, wurde betont.

Rückzugsraum für viele geschützte Arten

Für zahlreiche seltene und streng geschützte Arten ist das Gelände Rückzugsraum. Genannt wurden etwa Neuntöter, Wiedehopf, die Zaunechse oder mehr als 140 Wildbienenarten. Aus diesem bereits verwilderten Gebiet wird sich die ÖBB weitgehend zurückziehen, nur eine kleine verkehrstechnisch notwendige Fläche will man weiter betreiben. Der Rest wird entsiegelt, die Stadt wird das Areal zu einem Natura 2000 Gebiet entwickeln.

Auch Zutritt für Besucher wird möglich sein

Zur Finanzierung des Projekts wird sich Wien laut eigenen Angaben um Förderungen aus dem Biodiversitätsfonds des Bundes für den Ankauf des Areals sowie um EU-Mittel für die Renaturierungsmaßnahmen bemühen. Die Stadtrand-Wildnis soll auch künftig eher den Tieren und Pflanzen gehören, der Zutritt soll allerdings auch für Besucher möglich sein. Es wird mehrere Einstiegsstellen geben, versprochen wurde eine "behutsame" Wegführung durch das Gebiet sowie Beobachtungsplattformen.

Lehr- und Bildungsbereiche geplant

"Wir wollen große Teile des Geländes der Natur überlassen und ein Miteinander mit der Bevölkerung schaffen, von dem alle Seiten profitieren", hob der Wiener Umwelt- und Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) hervor. Informations-, Lehr- und Bildungsbereiche werden darüber Auskunft geben, wie ökologisches Gleichgewicht, Biodiversität und Klimaschutz zusammenspielen, kündigte er an. Dazu ist unter anderem ein Info-Haus geplant. Mittelfristig sollen dort auch lokal hergestellte Bio-Produkte, wie Feldfrüchte, Obst oder Fleisch von Weidetieren und Wild erhältlich sein.

Ludwig: „Wien legt Wert auf Renaturierung“

Bürgermeister Ludwig sieht das Projekt als Vorbild für ein Zusammenwirken von Renaturierung, Artenvielfalt und Klimaschutz: "Hier wird deutlich, warum Wien seit langem viel Wert auf Renaturierung gelegt hat. Renaturierung sichert Biodiversität und damit funktionierende Ökosysteme, in denen wir und nachfolgende Generationen gesund leben können."
ÖBB-Vorständin Angelo betonte, dass es für die ÖBB wichtig sei, für nicht betriebsnotwendige Flächen eine passende Nachnutzung zu finden. "In Breitenlee hätte vor vielen Jahren ein großer Verschiebebahnhof entstehen sollen. Die Pläne wurden aus verschiedenen Gründen jedoch nie zur Gänze verwirklicht. So konnte sich im Laufe der Jahre ein schützenswertes Stück Natur entwickeln." Dieses sei nun auch künftig gesichert. (apa/vk)