Gemeinderat: Stadtfinanzen im Fokus
In Wien ist am Mittwoch der Startschuss für die zweitägige Debatte zum Rechnungsabschluss 2023 im Gemeinderat gefallen. Diskutiert wird ein Zahlenwerk, das die Aufnahme neuer Schulden im Ausmaß von 1,3 Mrd. Euro beinhaltet. Der Gesamtschuldenstand kletterte damit auf 10,2 Mrd. Euro. Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) zeigte sich in seiner Rede überzeugt, dass eine Rezession nicht zu meistern sei, wenn man nur auf die "schwarze Null" blicke.
Das Gesamtvolumen des Rechnungsabschlusses für das Jahr 2023 beträgt 18,9 Mrd. Euro. Die Investitionen der Stadt sowie der Beteiligungen machten im Vorjahr 3,3 Mrd. Euro aus. Die Neuverschuldung, so wurde heute einmal mehr betont, sei geringer als geplant. Im Budget für 2023 war man noch von Neuaufnahmen im Ausmaß von 1,4 Mrd. Euro ausgegangen.
Der Rechnungsabschluss beweise einmal mehr, dass die Stadtverwaltung trotz einer hoch volatilen wirtschaftlichen Entwicklung sehr präzise budgetiere und haushalten könne, versicherte Hanke. Es seien zwar 16,6 Mrd. Euro an Ausgaben veranschlagt worden, letztendlich seien es jedoch 18,9 Mrd. Euro geworden.
"Trotzdem gelang es uns, die Neuverschuldung mit 1,3 Mrd. unter den Erwartungen zu halten", hob der Stadtrat hervor. Man müsse gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten investieren, nämlich umsichtig und mutig. Von einer "kurzsichtigen Sparpolitik" halte er nichts, ließ er in seiner Rede wissen.
"Wir meistern Krisen und gestalten die Zukunft", pflichtete auch die Klubobfrau des Koalitionspartners NEOS, Bettina Emmerling, bei. Man komme mit Lösungen und übernehme die Verantwortung. Familien seien etwa mit 860 Mio. Euro entlastet worden. "Wir haben trotz der Krisenzeiten auch Handlungsfähigkeit bewiesen", hielt sie fest.
Die Opposition fand einmal mehr keinen Gefallen am Budgetvollzug. Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer konstatierte etwa: "Wien hat kein Einnahmenproblem, Wien hat ein Ausgabenproblem." Nach Ansicht Mahrers agiert Wien auch nicht ähnlich engagiert wie der Bund bei Hilfen für die von der Teuerung betroffenen Menschen. Die Bundesregierung entlaste jene, die Leistungen erbringen würden, ohne auf die zu vergessen, die weniger leisten könnten.
"Die strukturellen Entlastungen fehlen in Wien", befand er. Er wies auch Kritik an der Abschaffung der kalten Progression zurück - die von Wien und den Kommunen immer wieder erhoben wird, die um Einnahmen fürchten. Die Maßnahme habe Haushalten mehr Geld im Börsel gelassen, lobte Mahrer den Schritt.
Auch Grünen-Chef Peter Kraus empfahl der Stadt, sich den Bund als Vorbild zu nehmen. 2023 seien in Österreich etwa 2,6 Gigawattstunden an Photovoltaikleistung neu installiert worden. Österreich liege damit deutlich über den Zielen. In Wien hingegen herrsche etwa bei der Ausstattung von Gemeindebauten mit PV-Anlagen Stille. Nur 14 Gebäude würden über eine solche verfügen, beklagte Kraus. "Das ist weniger als ein Prozent."
Der Obmann der Wiener FPÖ, Dominik Nepp, kritisierte die neuen Darlehen und konstatierte: "Wir verschulden uns immer weiter." Zwar würden die Investitionen von Hanke gelobt, diese seien aber zu gering, um die Substanz zu erhalten. "Das spürt ja jeder." Oft gebe es zum Beispiel Verzögerungen bei der U-Bahn, ärgerte sich Nepp. Auch im Gesundheitswesen und im Bildungsbereich fehle es an allen Ecken und Enden.
Beschlossen wird der Rechnungsabschluss am morgigen Donnerstag. Dies wird wohl nur mit den Stimmen der rot-pinken Regierungsparteien geschehen. Einhelligkeit gab es nur kurz heute zu Beginn der Sitzung: Alle Fraktionen applaudierten als Hanke der österreichischen Fußballnationalmannschaft für den EM-Sieg gegen die Niederlande gratulierte.