Mindestsicherung-Neu: Grüne legen nach
Die neue Mindestsicherung der Bundesregierung sorgt weiterhin für erhebliche Diskussionen in der politischen Landschaft - vor allem aber in Wien. Für die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein sind die geplanten Kürzungen der ÖVP-FPÖ-Regierung ein Gräuel. Grund genug aber für die Wiener Regierungspartei, das neue Gesetz zu sezieren und auf die Schwachstellen aufmerksam zu machen. Gemeinsam mit dem Grünen Bundessprecher Werner Kogler, dem Salzburger Landesrat Heinrich Schellhorn und auch der Vorarlberger Grünen-Soziallandesrätin Katharina Wiesfleck macht Hebein gegen das Gesetz in einer Pressekonferenz einmal mehr mobil.
"Armutsförderungsgesetz"
Hebein sprach sich am Montag abermals gegen das vorliegende "Armutsförderungsgesetz" aus. Notfalls will die Partei Klagen vor dem VfGH unterstützen. Es handle sich um ein "unmenschliches Gesetz", kritisierte Hebein bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag in Wien. "Kein Bundesland kann gezwungen werden, ein nicht rechtskonformes Gesetz umzusetzen" - die rot-grüne Wiener Stadtregierung hatte ja genau das angekündigt und damit vergangene Woche für einigen Wirbel gesorgt. Es sei nun Zeit, gemeinsam an einem "menschlichen, rechtskonformen Gesetz" zu arbeiten.
Auch "Kollegen" aus anderen Bundesländern an Bord
Das sieht auch der Salzburger Landesrat Schellhorn so. "Ab an den Verhandlungstisch" mit Ländern und Experten, forderte er von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Denn der derzeitige Entwurf sei einfach "auf den Tisch geknallt" worden. Überhaupt seien die vorliegende Pläne "handwerklicher Pfusch", meinte Schellhorn. Das Gesetz müsse komplett neu verhandelt werden. Er werde verfassungswidrige Punkte nicht umsetzen, erklärte er - freilich ist er in Salzburg in einer Koalition mit der ÖVP. Es habe eine umfangreiche und durchaus kritische gemeinsame Stellungnahme des Landes gegeben, so Schellhorn.
Auch die Grüne Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker betonte: "Mit mir nicht!" Es sei zumindest gemeinsame Position in der Vorarlberger Landesregierung mit der ÖVP, dass die Verfassungskonformität gewährleistet sein müsse. Wiesflecker befürchtet dramatische Auswirkungen nicht nur für Ausländer, sondern auch für inländische Familien. Träfen die Kriterien viele Kinder und wenig Sprachkenntnisse zusammen, bedeute das neue Gesetz in Vorarlberg sogar Kürzungen von bis zu 50 Prozent - das habe mit Armutsvermeidung nichts zu tun, befand Wiesflecker. Dabei seien die Bezieherzahlen in Vorarlberg seit eineinhalb Jahren zurückgegangen. Die Bundesregierung betreibe mit der Reform "eine willentliche Zerstörung gut funktionierender Mindestsicherungsmodelle in den Bundesländern".
Bundessprecher Werner Kogler schoss sich ebenfalls auf Türkis-Blau ein und kritisierte die "geradezu hetzerische Herangehensweise der Bundesregierung". Er habe den Eindruck, "dass das letzte Netz zerrissen werden soll". Man werde nun die Verfassungskonformität des Grundsatzgesetzes prüfen lassen - sollte es keine Nachverhandlungen geben, wollen die Grünen verschiedene Schritte setzen, etwa einzelne Betroffene beim Gang zum Verfassungsgerichtshof unterstützen. Auch Hebein meinte, für den Fall des Falles lasse man sich alle Schritte - auch rechtliche - offen.
Hebein wies übrigens Aussagen von FPÖ-Regierungskoordinator Norbert Hofer in der ZiB2 Sonntagabend zurück, der in den Raum gestellt hatte, dass in Wien 30.000 Tschetschenen Mindestsicherung beziehen. Mit Stand Dezember hätten 4.500 Personen aus der gesamten Russischen Föderation Mindestsicherung in der Bundeshauptstadt bezogen, erklärte Hebein. "Schwarz-Blau arbeitet mit Unwahrheiten", das sei "verwerflich". (APA/Red/hh)