Telefonische Krankschreibung vor Comeback?
Die Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) drängen angesichts der steigenden Corona-Zahlen auf eine Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung. Ein Antrag im Verwaltungsrat ist vorige Woche am Widerstand der Arbeitgeber gescheitert. Die FSG-Vorsitzende in der ÖGK, Barbara Teiber, äußerte dafür im Gespräch mit der APA "komplettes Unverständnis". Auch die Ärztekammer und der Patientenanwalt befürworten die telefonische Krankschreibung.
Die im Zuge des Lockdowns im Frühjahr eingeführte Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung war Ende August ausgelaufen. Vor allem auf Betreiben der Wirtschaft ist es zu keiner Verlängerung gekommen, als Hauptargument dagegen waren mögliche Missbrauchsfälle ins Treffen geführt worden. Seither ist die telefonische Krankmeldung nur für Corona-Verdachtsfälle möglich.
Teiber verweist nun darauf, dass man schon damals besprochen habe, im Falle eines Steigens der Corona-Fallzahlen die telefonische Krankschreibung generell wieder einzuführen. Da die Zahlen nun sogar höher sind als im März, hält die FSG-Vorsitzende in der ÖGK dies für dringend nötig. Sie betont auch, dass in den Ordinationen nun noch mehr Betrieb zu erwarten sei, weil die Hausärzte jetzt auch Antigen-Tests durchführen dürfen. Und die Befürchtung, dass es zu Missbrauch kommen könnte, kann sie auch nicht teilen, weil die Krankenstandsmeldungen auch im Frühjahr nicht angestiegen seien.
Völlig unverständlich ist für die FSG-Vorsitzende auch, dass im Verwaltungsrat der ÖAAB-Vertreter Martin Schaffenrath gemeinsam mit den Wirtschaftsvertretern den FSG-Antrag abgeblockt habe. Teiber verwies darauf, dass es in einigen Bundesländern Beschlüsse der Arbeiterkammer-Vollversammlungen für die telefonische Krankschreibung gebe, denen auch die dortigen ÖAAB-Vertreter zugestimmt haben. Pikant ist dabei, dass die Arbeitnehmer-Vertreter von der Arbeiterkammer in den Verwaltungsrat entsandt werden. Teiber kündigt jedenfalls an, den Antrag in der nächsten Verwaltungsratssitzung Mitte November neuerlich einzubringen und sie hofft, die derzeitigen Skeptiker bis dahin überzeugen zu können.
Auch ÖGK-Obmann Andreas Huss plädierte im Ö1-"Morgenjournal" dafür, die telefonische Krankmeldung befristet bis 31.3., bis die Corona-Welle wieder abklingt, wieder so einzuführen, wie sie im Frühjahr funktioniert hat. Auch er begründete dies mit der Ansteckungsgefahr in den Ordinationen.
Der Arbeitnehmervertreter und derzeitige Vizeobmann Matthias Krenn lehnt dies hingegen ab. Er hält die telefonische Krankschreibung nur bei Corona-Verdachtsfällen für ausreichend. Und auch ÖAAB-Vertreter Schaffenrath schließt sich dieser Meinung an. Er glaubt, dass Ärzte eine Diagnose ihrer Patienten erstellen können sollten und dass es am Telefon auch schwierig sei, die Identität der Patienten festzustellen.
Dem widersprach der Sprecher der Patientenanwälte, Gerald Bachinger, im Ö1-"Mittagsjournal". Für ihn war die telefonische Krankschreibung im Frühjahr "ein Erfolgsmodell" und Missbrauch sei dabei nicht ersichtlich gewesen. Bachinger hält es zwar nicht wirklich für nötig, aber wenn man unbedingt noch eine Schranke einbauen wolle, dann wäre für ihn die Hinterlegung eines Passwortes in der Ordination eine Möglichkeit.
Auch Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart erneuerte seine Forderung nach der telefonischen Krankschreibung. Er bezeichnete es als "unerträglich", dass in Pandemie-Zeiten eine gut funktionierende Regelung außer Kraft gesetzt wurde. Auch er nannte die Ansteckungsgefahr in die Ordinationen und die nicht signifikant gestiegene Zahl der Krankenstände während der Regelung im Frühjahr als Argumente. (APA/Red)