ÖH-Koalition an der Uni Wien geplatzt
Der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) an der Uni Wien hat am Mittwochabend die Koalition mit Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und dem kommunistischen KSV-Lili aufgekündigt. Grund sei die Weigerung der beiden Fraktionen, den Sozialtopf der ÖH Uni Wien wegen der Coronakrise um 500.000 Euro aufzustocken. GRAS und KSV-Lili werfen dem VSStÖ hingegen Machtspielchen vor.
"Wir haben alles daran gesetzt, diese Koalition trotz der inhaltlichen Differenzen zu retten. Leider teilen GRAS und KSV-Lili dieses Interesse nicht", so VSStÖ-Wien-Chefin Marianne Hofbauer in eine Aussendung. Spekulationen des KSV-Lili, dass der VSStÖ bei der Sitzung der Universitätsvertretung am heutigen Donnerstag eine Koalition mit der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) eingehen könnte, weist sie "dezidiert zurück".
Auslöser des Zerwürfnisses war laut VSStÖ der Streit um den Sozialtopf der ÖH Uni Wien. Seit Beginn der Coronakrise hätten 3.000 Studentinnen und Studenten und damit 35 Mal so viele wie davor um finanzielle Unterstützung angesucht. GRAS und KSV-Lili hätten eine Aufstockung, um zumindest die Härtefälle nennenswert unterstützen zu können, im Finanzausschuss allerdings abgelehnt. Gleichzeitig hätten sie die Auflösung von Rücklagen in der Höhe von 50.000 Euro für allgemeine Projekte gefordert, obwohl es bereits drei gut ausfinanzierte Projekttöpfe der ÖH Uni Wien gebe.
Ganz andere Motive für das Koalitions-Aus ortet hingegen die GRAS: "Wir wollten arbeiten - der VSStÖ die Macht". Er habe seinen Koalitionspartnern am Montag ein neues Arbeitsübereinkommen vorgelegt, mit dem er sich "die alleinige Entscheidungsmacht in allen Gremien sichern" und - entgegen den Usancen der linken Koalition in den vergangenen 19 Jahren, den Vorsitz im Wechsel zu besetzen - weiterhin den 1. Vorsitz und den Stellvertreterposten "unter den Nagel reißen" wollte. Der VSStÖ blockiere schon seit Monaten mittels "machtpolitischer Spielchen" die inhaltliche Arbeit der Koalition, manipuliere gezielt die Arbeit der Universitätsvertretung und entscheide über getroffene Beschlüsse hinweg.
Auch der KSV-Lili spricht in einem Facebook-Eintrag von einem "inakzeptablen Ultimatum", das eine "Alleinherrschaft" der sozialdemokratischen Vorsitzenden Jasmin Chalendi zur Folge gehabt hätte. GRAS und KSV-Lili hätten mit den Basisgruppen "auch kämpferische Initiativen und Projekte zur Selbstorganisation" fördern wollen, die gemeinsam Druck auf die Regierung ausüben, anstatt mit einem Großteil der Mittel einen Bruchteil der Studenten direkt zur unterstützen.
Die Oppositionsfraktion JUNOS wirft dem VSStÖ ebenfalls vor, die Coronakrise für Machtpolitik zu missbrauchen. Sie fordert in einer Aussendung den Rücktritt der Hochschülerschafts-Vorsitzenden Jasmin Chalendi. "Es braucht eine verantwortungsbewusste Koalition, die auch in Krisenzeiten für die Studierenden gerade steht. Eine Koalition, die nicht an sich selbst denkt, sondern an die Studierenden", so der JUNOS-Vorsitzender Stephen Slager. (Apa/Red)