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Polizei warnt vor „falschen Polizisten“ Polizei warnt vor „falschen Polizisten“
Chronik

Polizei warnt vor „falschen Polizisten“

Sie rufen ihre Opfer an, geben an Polizisten zu sein. Danach holen sie sich Bargeld und Schmuck ab - ein Trick!
W24 Redaktion
Donnerstag, 28. Jänner 2021
Verfasst am 28.01.2021 von W24 Redaktion

Seit 2018 treibt eine Betrügerbande in Wien ihr Unwesen und bestiehlt Senioren. Diese werden mit der Masche hinters Licht geführt, Polizisten müssten ihr Bargeld und Schmuck sicherstellen, was von den vermeintlichen Beamten dann auch gemacht wird. Summen im zweistelligen Millionenbereich haben die Kriminellen damit erbeutet. Im Jänner gab es in Wien erste Verurteilungen. 21 mutmaßliche Bandenmitglieder wurden bereits festgenommen, berichtete die Polizei am Donnerstag.
Der Betrügerbande werden 205 vollendete Taten - davon 110 geklärte - zugeordnet, sagte Michael Mimra, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamtes (LKA) Wien, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: "Wir wissen außerdem von 590 Versuchen." Die Dunkelzifferliege sei vermutlich viel höher. "Insgesamt kam es zu 21 Festnahmen und 38 Hausdurchsuchungen", sagte der Kriminalist. Mimra stellte auch klar, dass es unmöglich ist, dass Betrüger Fangschaltungen auf den Notruf 133 legen. "Das geht nicht", betonte er. Vielmehr entstehe oftmals im Gespräch von Opfern mit den Tätern der Eindruck, diese würden mit Polizisten sprechen.

"Seitdem die Hauptgruppierung ausgeforscht wurde, gibt es einen sehr, sehr großen Rückgang bei Betrügereien durch falsche Polizisten", sagte Mimra. Allerdings gebe es immer noch Nachahmungstäter, andere Betrüger und Mitläufer, weshalb es wichtig sei, diese Vorgangsweise potenziellen Opfern bewusst zu machen. "Sprechen Sie so oft wie möglich mit ihren Angehörigen, erklären Sie ihnen, dass es diese Betrugsversuche gibt, dass da ein hoher Druck auf die Opfer ausgeübt wird", betonte Chefinspektor August Baumühlner. Als Grundregel gilt: Einfach auflegen. "Wenn man sich die Dienstnummer und Dienststelle geben lässt, kann man dann dort anrufen und überprüfen, ob der Anruf wirklich von der Polizei kam", erklärte Baumühlner. "Kein echter Polizist wird böse sein, wenn die angerufene Person auflegt und sich dann selbst wieder meldet", bekräftigte er.

Ein Opfer berichtet

Eines der Opfer der Betrügerbande wurde die 85-jährige Christa Chorherr, Autorin und Mutter des ehemaligen Grünen Wiener Stadtrats Christoph Chorherr. Sie warnte bereits nach der Tat auf ihrem Blog vor derartigen Machenschaften. Über ihre Rolle als Opfer sei sie "nicht sehr glücklich", vielmehr sei es "sehr erschreckend, feststellen zu müssen, dass man manipulierbar ist", sagte die Seniorin. Sie berichtete auf der Pressekonferenz, ihr Telefon hätte permanent geläutet, mehrfach hätte sie auch aufgelegt. "Ich war wie im Trance und habe gemacht, was diese Leute von mir wollten, während ich im Hintergrund immer gewusst habe, warum tu ich das, das kann nicht stimmen?", erinnerte sich Chorherr an die Tat im September. Die Kriminellen hätten sie massiv unter Druck gesetzt, ihr beschieden, wenn sie nicht mitmachen würde, mache sie sich strafbar und würde Polizeiarbeit behindern.

Die Betrüger hätten "sehr viele Fragen gestellt, von denen ich annehme, dass die Polizei es fragen könnte", sagte die 85-Jährige. Zweimal sei ein Täter gekommen und habe Wertgegenstände mitgenommen. Auch wenn seit dem Vorfall Monate vergangen sind, "poppt es immer wieder auf". Sie würde das Erlebte "gerne hinter mich bringen". "Ich scheine zur Galionsfigur des Verbrechers geworden zu sein, das stört mich vollkommen", sagte Chorherr. Dass sie nunmehr in die Öffentlichkeit gehe, diene auch dazu, andere zu warnen und weiteren Schaden zu verhindern. Ihr Fall zeige, dass jeder Opfer werden könne. "Mir geht es nicht um Rache, es geht darum, dass Gerechtigkeit herrscht", sagte die 85-Jährige.
"Es trifft Sie keine Schuld. Schuld sind die Täter", betonte Ermittler Baumühlner. "Die Täter arbeiten perfekt, sind rhetorisch sehr gut, wissen, wie sie ihre Opfer manipulieren und unter Druck setzten können", warnte er. Schämen müsse man sich nicht, es würden auch genug andere und jüngere Leute Opfer von Betrügern, sagte auch Mimra.

„Diplomatische Verwürfnisse“?

Auch Chorherrs Sohn, der frühere Wiener Grün-Mandatar Christoph Chorherr, stellte bei der Pressekonferenz Fragen an die Ermittler. Wie es sein könne, dass der Kopf der Bande, der in Wien allein 500 Opfer betrogen habe, unbehelligt in der Türkei sitze und seit zwei Jahren nichts passiere, wollte Chorherr wissen. Das sei eine "heikle Frage" und könne "diplomatische Verwürfnisse auslösen", antwortete der stellvertretende LKA-Chef Mimra. Die Türkei ist nicht Mitglied der EU, nicht im Schengen-Raum, nicht bei Eurojust. Außerdem sei bekannt, dass es mit der EU nicht die "beste Zusammenarbeit" gibt, sagte Mimra. Gegen den namentlich bekannten Verdächtigen gibt es einen europäischen Haftbefehl. Dieser könne aber nicht in der Türkei für einen türkischen Staatsbürger vollzogen werden.

Hintergründe

Der Kopf der Gruppierung sitzt in der Türkei. Der Mann hat Germanistik studiert und lange Zeit in Vorarlberg gelebt, nunmehr soll er vom Raum Istanbul aus das kriminelle Geschehen steuern. Bisher sind am Landesgericht Wien in dieser Sache nur einige "Geldabholer" verurteilt worden, im Jänner hatten sich die Mutter und die Schwester des Bandenchefs sowie vier Mitangeklagte vor einem Schöffensenat verantworten müssen, sie fassten drei Jahre teilbedingte Haft aus - die beiden Frauen unbedingt. (apa/vk)