Grüne: Hebein aus Partei ausgetreten
Die frühere Wiener Grünen-Chefin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein ist aus der Partei ausgetreten. Das hat sie am Sonntag via Facebook mitgeteilt. Anlass ist die Flüchtlingspolitik der türkis-grünen Bundesregierung - und hier nun vor allem die Weigerung, Menschen aus Afghanistan zu holen, wie sie betont. Das Land gehe in eine "türkis-autoritäre Richtung", warnte sie.
"Wie auch zuletzt auf der Demonstration 'Leben retten jetzt' - an der sehr viele junge Menschen und afghanische Familien teilgenommen haben - auf die kursierenden Gerüchte angesprochen, stelle ich klar: ja, es stimmt: ich habe vor einigen Tagen meinen sofortigen Austritt aus der Grünen Partei bekanntgegeben. Die grüne Politik mit all den Argumenten und Nichthaltungen erreichen nicht mehr mein Herz", ließ sie in ihrem Posting wissen.
Viele Menschen würden auf das Kämpfen der Grünen für den Klimaschutz bauen, gab sie zu bedenken. Als Mitverhandlerin der türkis-grünen Koalition erkenne und kritisiere sie jedoch, "dass dabei unsere Demokratie, der gesellschaftliche Diskurs, der Rechtsstaat, das Parlament und die Medien sich in eine türkis-autoritäre Richtung entwickeln und der türkise Weg weitergeht, als wäre nichts gewesen".
Gefragt wären "klare grüne Haltungen und nicht Passivität", bekrittelte die ehemaligen Kommunalpolitikerin. "Wenn wir es ehrlich betrachten, sind wir mit dem ohnehin gewagten Versuch der Strategie, mit einer Regierungsbeteiligung für eine Kurskorrektur zu sorgen, an Grenzen angelangt. Damit haben wir Hoffnung zerstört. Zumindest habe ich diesen Punkt erreicht und ziehe daher die Konsequenzen."
Die ÖVP begehe Vertragsbruch, zeigte sich Hebein überzeugt. Denn sie handle aktuell im Widerspruch zu der Vereinbarung bei den Koalitionsverhandlungen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe zugesichert, dass Österreich "nie vorpreschen wird um Flüchtlinge aufzunehmen, aber er ist gesprächsbereit, wenn andere Länder vorangehen".
Diese Zusage sei bereits bei der Aufnahme von Menschen aus Moria torpediert worden. Nun würden andere Länder wie Deutschland "selbstverständlich" vorangehen und zumindest versuchen, gefährdete Menschen aus Afghanistan zu holen. Der türkise Weg werde aber unbeirrt fortgesetzt. "Vielleicht unterstützt dieses Statement das Engagement von diejenigen in der Partei, wie u.a. Ewa Dziedzic und Vicky Spielmann, die für Menschenrechte einstehen", hielt Hebein fest.
Birgit Hebein hat nach der Wien-Wahl 2020 bereits ihre Funktionen in Wien zurückgelegt. Zwar konnte sie das bis dato beste Ergebnis für die Öko-Partei erzielen. Nachdem die SPÖ statt mit den Grünen mit den NEOS eine Koalition gebildet hatte, erhielt Hebein keinen Posten mehr im Klub. Wenig später trat sie auch als Parteichefin zurück.
In der Wiener Landespartei kommentierte man den Schritt der Ex-Chefin am Sonntag folgendermaßen: "Wir respektieren den formalen Austritt von Birgit Hebein aus der Grünen Partei, für die sie viele Jahre als Aktivistin, Abgeordnete und Vizebürgermeisterin aktiv war." Über ihre Beweggründe könne sie selbst am besten Auskunft geben, hieß es in der an die APA übermittelten Stellungnahme.
"Für uns Wiener Grüne war und ist immer klar: Wien ist Menschenrechtsstadt. Dafür setzten wir uns auch gerade jetzt ein. Die Menschenrechte und ihre Erklärung sind unteilbar und unantastbar. Sie sind unmissverständlich, alternativlos und die größte Errungenschaft unserer Gesellschaft. Dafür treten wir als Wiener Grüne ein", wurde betont. In Bundespartei und Parlamentsklub gab es auf APA-Anfrage keine Reaktion.
Die Wiener SPÖ äußerte Genugtuung über die ihrer Ansicht nach späte Einsicht. "Spät, aber doch hat Hebein eingesehen welch Geistes Kind Kurz in Wahrheit ist. Rund um die Koalitionsverhandlungen 2019 sah es noch anders aus. Aber dazulernen ist etwas Positives", postete die Partei auf Twitter. Klar sei jedenfalls, so hielt man fest, dass Wien auch in Zukunft das Gegenmodell zur "inhumanen Bundesregierung" bleibe.