Matura: Proteste an Schulen
Die geplante Rückkehr der verpflichtenden mündlichen Matura hat am Dienstag zu Protesten am manchen Schulen geführt. Diverse Organisationen bzw. Schulsprecherinnen und Schulsprecher hatten zu "Streiks" aufgerufen - laut AHS-Direktoren dürfte es sich aber um ein "Randphänomen" gehandelt haben, hieß es zur APA. An den meisten Schulen seien die Maturanten fast vollzählig anwesend gewesen.
In den vergangenen beiden Jahren war die mündliche Matura nur freiwillig. Wer nicht antreten wollte, bekam in dem betreffenden Fach die Note der Abschlussklasse ins Maturazeugnis. Für heuer gibt es zwar ebenfalls diverse Erleichterungen, allerdings soll die mündliche Reifeprüfung wieder verpflichtend sein. Daran will Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) auch festhalten, wie es gestern nach einem Treffen mit der Bundesschülervertretung festhielt.
Unter anderem hat die SPÖ-nahe Aktion kritischer SchülerInnen (AKS) zu einem "Maturastreik" aufgerufen. Sie appellierte an die Schüler, regulär in die Schule zu kommen, aber für eine Stunde den Unterricht zu verlassen und sich vor den Schulen zu versammeln - mit dabei waren etwa ein Dutzend der rund 700 AHS und berufsbildenden höheren Schulen (BHS). Die AKS verlangt nicht nur eine freiwillige mündliche Matura: Falls Maturantinnen oder Maturanten das wollen, soll auch die schriftliche Prüfung entfallen können und im Maturazeugnis die Durchschnittsnoten der letzten beiden Schuljahre stehen.
Außerdem haben sich rund 100 Schulsprecherinnen und Schulsprecherinnen um Mati Randow vom Gymnasium Rahlgasse in Wien zusammengeschlossen. Sie wollen neben einer freiwilligen mündlichen Matura auch generell corona-sichere Schulen und mehr Beachtung für die Probleme der Jugendlichen. Aktionen habe es an rund 150 Schulen gegeben - zum Teil hätten sich Schülerinnen und Schüler in einer Stunde vor den Schulen versammelt, andere hätten ihren Sitzplatz mit dem Hashtag "#WirStreiken" versehen, wiederum andere seien nach einigen Unterrichtsstunden nach Hause gegangen, so Randow vor Journalisten.
Viel mitbekommen hat man den Schulen allerdings nicht: Die Streiks dürften ein "Randphänomen" sein, so die Sprecherin der AHS-Direktorinnen und -Direktoren, Isabella Zins, nach einem Rundruf unter Kollegen auf APA-Anfrage. Die Maturantinnen und Maturanten seien "an den meisten höheren Schulen fast vollzählig anwesend". Es gebe aber einzelne Klassen, die sich in einer bestimmten Stunde getroffen und Briefe an die Bildungspolitik verfasst hätten.
Die Direktoren appellieren an die Maturanten, auf ihre eigene Leistungsfähigkeit und die pädagogische Erfahrung der Lehrkräfte zu vertrauen. Auch in Corona-Zeiten sei viel gelernt worden und die Matura-Regeln kämen den Schülern vielfach entgegen - etwa durch Einrechnung der Jahresnote, die Reduzierung des Stoffumfangs, die Verlängerung der Arbeitszeit und zusätzliche Förderstunden im Ergänzungsunterricht. "Sein Wissen in zwei bis drei Fächern unter Beweis zu stellen, die man selber nach den eigenen Stärken gewählt hat, ist nicht als Bestrafung zu sehen, sondern als krönender Abschluss der Schullaufbahn." Aus "momentaner Sicht" seien die mündlichen Teile der Reifeprüfung gut machbar, weil es - bei bisher durchgehendem Präsenzunterricht - sowohl mehr Unterstützung als auch zahlreiche Erleichterungen gebe. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, z.B. Medizinstudenten oder Mechaniker-Lehrlingen einen Teil des Stoffs zu erlassen oder Prüfungen nicht zu verlangen, so Zins.
Ähnlich Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP): Noch im Jänner werde ein Plan präsentiert, wie die mündliche Matura und die Wochen bis dahin auszusehen haben, kündigte sie am Rande einer Pressekonferenz an. "Ich stehe voll dahinter, dass die mündliche Matura auch im heurigen Jahr wieder durchgeführt wird. Es ist jungen Menschen zuzutrauen, dass sie auch eine mündliche Matura absolvieren am Ende ihrer Schullaufbahn." Auch Lehrlinge hätten in den vergangenen beiden Jahren herausfordernde Zeiten gehabt. "Da hat es auch keine Anpassungen bei der Lehrabschlussprüfung gegeben." Die FPÖ spricht sich ebenfalls für eine verpflichtende mündliche Matura aus. "Unseren Schülerinnen und Schülern muss wieder die Chance geben werden, sich beweisen zu können. Der Matura muss wieder das notwendige Gewicht und Wertigkeit gegeben werden", so Bildungssprecher Hermann Brückl in einer Aussendung.
Bundesschulsprecherin Susanna Öllinger von der ÖVP-nahen Schülerunion bezeichnete die "Streiks" in einer Aussendung als "falschen Ansatz". Sie will weiter mit dem Bildungsministerium über eine freiwillige mündliche Matura verhandeln - dass das etwas bringe, hätten nicht zuletzt die schon erreichten Erleichterungen bei der Matura gezeigt.
Randow will dagegen weiter auf Proteste setzen. Die Aktionen heute seien nur die ersten gewesen. "Wenn sich nichts ändert, werden es nicht die letzten gewesen sein." (APA)