Mutmaßlicher Täter aggressiv und unberechenbar
Nach der Klärung der Bluttaten an einem Apotheker in Wien-Donaustadt und einer zweifachen Mutter in Floridsdorf sind noch einige Fragen offen. Der 50-jährige obdachlose polnische Staatsbürger konnte von den Ermittlern bis in den späten Dienstagvormittag hinein nicht einvernommen werden. Er wurde am Sonntag festgenommen, nachdem Journalisten beobachtet hatten, wie der Mann Stunden nach der Bluttat in Floridsdorf in das Haus eindringen wollte.
Zunächst stand er unter dem Verdacht des versuchten Einbruchs. Aufgrund der DNA-Spuren war aber bald klar, dass es sich um den Täter handeln könnte. Eine Einvernahme des Verdächtigen war zunächst nicht möglich, da er sich auch gegenüber der Polizei derart aggressiv verhielt, dass die Spezialeinheit WEGA hinzugezogen werden musste. Der Mann sollte noch am Dienstag in eine Justizanstalt gebracht werden, die Verhängung der Untersuchungshaft wurde in Aussicht gestellt und wäre bei Mordverdacht auch obligatorisch. Neben dem U-Haftantrag will die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag geben, das über Zurechnungsfähigkeit und Gefährlichkeit des 50-Jährigen Aufschlüsse bringen soll.
Die DNA könnte Aufschluss geben, ob der Mann für weitere Straftaten in Österreich in Frage kommt. Die Auswertung der DNA-Datenbank sei noch nicht abgeschlossen, weitere Treffer könnten daher weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. In Wien harren unter anderem noch die Tötung eines Schulwarts in einer Volksschule vom März des Vorjahres in Simmering und die Home Invasion in Neubau, bei der im vergangenen Mai eine 79-Jährige erschlagen wurde, ihrer Klärung.
Der Fall ist selbst für die erfahrensten Ermittler sehr ungewöhnlich, denn der Mann dürfte ohne jegliches Motiv gehandelt haben. Beim getöteten Apotheker, der massive Kopfverletzungen, gefesselte Beine sowie Misshandlungsspuren am ganzen Körper aufwies, fanden die Polizisten zwar eine hergerichtete Tasche mit Diebesgut aus dem Haus, diese wurde aber zurückgelassen. Der Verdächtige dürfte sich aber über längere Zeit am Tatort aufgehalten und auch alkoholische Getränke konsumiert haben. Mitgenommen hat der mutmaßliche Täter dann aber lediglich eine Geldbörse und die Schuhe des Opfers.
Auch bei dem zweiten Delikt, bei dem eine zweifache 31-jährige Mutter an massiven Kopfverletzungen und mehreren Messerstichen getötet wurde, dürfte es sich nicht um einen regulären Einbruch gehandelt haben. Auch hier war der Tatort "chaotisch und kompliziert", die Szene wirkte "surreal". Der Verdächtige hielt sich vermutlich ebenfalls mehrere Stunden in dem Haus auf, konsumierte Getränke und stahl letztlich wieder nur Schuhe. "Es ist nicht nachvollziehbar, was der Täter gemacht hat", so Oberstleutnant Dietmar Berger. Die beiden Kinder (vier und fünf Jahre alt) blieben körperlich unversehrt, sie werden schonend befragt. Weitere Informationen dazu werde es "im Sinne des Opferschutzes" nicht geben.
Das Wohnhaus der 31-jährigen Toten in Wien-Stammersdorf
In die Häuser kam der Verdächtige jeweils durch unverschlossene Türen. Der Mann rüttelte so lange an den Klinken, bis die Tür aufging, so Berger. Das Vermeiden von Spuren dürfte an beiden Tatorten nicht sehr im Fokus gestanden sein.
Der 50-Jährige hielt sich illegal in Österreich auf. "Es ist ein klassisches U-Boot", sagte Berger. In Österreich war er Ende 2022 erstmals durch zwei Delikte aufgefallen: am 27. Dezember 2022 wegen Körperverletzung an seiner - ebenfalls obdachlosen - polnischen Lebensgefährtin sowie am 29. Dezember 2022 wegen Brandstiftung. In Deutschland hatte er aber von 2001 bis 2018 insgesamt 23 Delikte verübt - von Diebstahl über Körperverletzung bis hin zum Raub. (APA/Red)