Ziviltechniker*innen: Sorgen um den Wohnbau
Der Wohnsektor sorgt für immer mehr Sorgenfalten bei Markteilnehmerinnen und Marktteilnehmern. Schließlich bricht der Neubau ein, einhergehend führt eine Verknappung von Wohnraum zu höheren Preisen. Eine Verdichtung statt neu zu bauen liegt nahe, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz der Kammer der Ziviltechniker:innen Wien, NÖ, Burgenland. "Das ist aber nicht der Fall", kritisierte Präsident Bernhard Sommer. Er sprach auch von "Übergewinnen" der Baufirmen.
Die Baubranche verweise als Erklärung für den Preisanstieg auf gestiegene Kosten bei Lieferketten, Energiepreisen, Finanzierungen und Fachkräften. Jedoch sei auch der Schluss zulässig, dass "die Gewinne in der Baubranche einen wesentlichen Anteil an der Inflation haben". Im Hochbau seien die Preise von 2015 bis 2020 um 16 Prozent gestiegen und seit 2020 bis zum heurige zweiten Quartal um 35 Prozent. Im Tiefbau seien es seit 2020 aber nur plus 3,4 Prozent gewesen. Der Schluss daraus: "Die Bauwirtschaft hat sich vom Wohnbau offenbar zurückgezogen."
Der Anbietermarkt müsse größer werden. Die öffentliche Hand solle etwa "anhand von zehn Ausschreibungsverfahren für geförderte Wohnbauprojekte Preisvorteile bei Einzelvergaben evaluieren". Gewerkeweise Ausschreibungen ermöglichten KMU die Teilnahme am Bieterverfahren und vergrößerten die Zahl der Anbieter Einzelgewerkausschreibungen basierten zudem auf einer detaillierten Ausführungsplanung, die im Gegensatz zum Generalunternehmer-Aufschlag von 10 bis 15 Prozent der Baukosten nur bei etwa 2 bis 3 Prozent der Baukosten lägen.
Geförderter Wohnbau sei für leistbares Wohnen grundsätzlich. Ebenso unterstütz werden müsse kommunaler Wohnbau sowie gemeinwohlorientierte, alternative Wohnkonzepte. Die Umsetzung einer energieeffizienten und klimafitten Gebäudestruktur sei eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Zentral sei hierbei die Reaktivierung und Attraktivierung des Bestandes.
"Der Weg in den Bestand hinein wäre auch ein Weg heraus aus der Klimakrise", gab Sommer zu bedenken. Beim Sanieren brauche es auch neue Wege - ökologisch und im Prozess. "Unsanierte Wohnungen sollen auch in den Richtwert." Es sei zu überlegen ob Bestand überhaupt als ökologisch erhaltenswert einzustufen sei.
Im Zusammenhang mit der Wiederbelebung von Leerstand gibt es allerdings gleich mehrere Schwierigkeiten: "Wir wissen nicht, wo es wie viel bestehenden, freien Wohnraum es gibt", bedauerte Kammervertreterin Ulrike Schartl. "Es muss erfasst werden, was vorhanden ist." Das gehöre dann analysiert und bestmöglich reaktiviert bevor neu gebaut wird. Österreichtypisch gibt es auch nach Bundesländern recht unterschiedliche Definitionen was Leerstand überhaupt ist.
Es gehe um eine "maßvolle Nachverdichtung und Attraktivierung der Wohnquartiere". Mit gesetzlich noch zu schaffenden Rahmenbedingungen solle mehr Leerstand aktiviert werden. Zweitwohnsitzabgaben sollen wohnbaulich zweckgewidmet werden, so eine der dutzenden weiteren Detailforderungen der Kammer. (APA)