Geplante Zweitwohnsitzabgabe kommt vorerst nicht
Die in der Bundeshauptstadt angekündigte Zweitwohnsitzabgabe für Nicht-Wiener kommt vorerst nicht. Sie wird nicht wie geplant mit 1. Jänner in Kraft treten. Das teilte das Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Donnerstag mit. Als Grund für die Aussetzung wurde die heuer im Nationalrat beschlossene Verfassungsnovelle genannt, die den Ländern in diesem Bereich mehr Kompetenzen gibt - etwa für die Einhebung einer Leerstandsabgabe.
Die Kompetenzverschiebung hin zu den Ländern eröffne der Stadt Wien neue Möglichkeiten, hieß es im Hanke-Büro. Die neue Kompetenzlage werde nun von den Fachdienststellen der Stadt umfassend geprüft, um alle Handlungsmöglichkeiten abzustecken und deren Umsetzbarkeit zu klären, wie man erläuterte. Man wolle den erweiterten Spielraum "seriös und umfassend" prüfen.
Die ursprünglich geplante Zweitwohnungsabgabe, mit der Wien dem Beispiel einiger anderer Bundesländer gefolgt wäre, kommt also demnächst nicht. Sie wird aber ebenfalls in diesen Prüfprozess einfließen, wie man mitteilte. Dass fix darauf verzichtet wird, bedeutet das also nicht, wie ein Sprecher des Stadtrats auf Anfrage erläuterte. Sie könnte später auch in Kombination mit weiteren Maßnahmen Teil eines Pakets werden.
Im Rathaus wird auch darauf verwiesen, dass Wien das Bundesland mit dem "größten und komplexesten Wohnungsmarkt" in Österreich ist. Umso wichtiger sei es, beim Thema Wohnraummobilisierung alle relevanten Aspekte wie Verhältnismäßigkeit, Datenschutz und Vollziehbarkeit in eine angemessene Balance zu bringen, führte man aus. Inzwischen sei auch bekannt, dass die Länder und Gemeinden mit dem Vollzug solcher Abgaben zu kämpfen hätten und der gewünschte Lenkungseffekt - also Mobilisierung von nicht benötigtem Wohnraum - oft nicht erzielt werde, gab man zu bedenken.
Das Tarifsystem der Zweitwohnsitzgebühr hätte sich an der Quadratmetergröße der jeweiligen Wohnung orientiert, eine Staffelung war vorgesehen. Bis 60 Quadratmeter wären 300 Euro pro Jahr fällig geworden, bis 130 Quadratmeter 450 Euro. Für größere Objekte wären 550 Euro zu bezahlen gewesen. Die Grundbeträge hätten durch verschiedene Zu- und Abschläge ergänzt werden sollen.
Gedacht war die Maßnahme auch als Entlastung der Wienerinnen und Wiener, wie bei der Ankündigung betont worden war. Die Stadt hatte die Einführung einer Zweitwohnsitzabgabe nämlich gleichzeitig mit dem Verzicht auf Einhebung einer GIS-Landesabgabe im Zuge der Umstellung auf die ORF-Haushaltsabgabe bekanntgegeben.
Personen, die über einen Hauptwohnsitz in Wien verfügen, hätten die Abgabe auch nicht berappen müssen. Die Einnahmen aus der Zweitwohnungsabgabe sollten unter anderem einen Beitrag zum Erhalt der städtischen Infrastruktur und dem Angebot im Kulturbereich leisten.
Zweitwohnsitz- und Leerstandsabgaben gibt es in anderen Bundesländern zum Teil schon. Diese seien jedoch, so hieß es in der heutigen Wiener Aussendung, unterschiedlich ausgestaltet. Österreich gleiche somit teilweise einem "Fleckerlteppich".
Für die Grünen stellt die Ankündigung ein "Eingeständnis des Scheiterns" der Stadtregierung dar. "Das 'Leer' in Leerstandsabgabe steht bei der SPÖ für leere Versprechungen. Wir haben genug von den Ausreden, es braucht endlich eine konsequente Bekämpfung von Wohnraub durch eine Leerstandsabgabe", forderte Parteichefin Judith Pühringer in einer Aussendung. (APA)