Tanzquartier: Neue Leitung vorgestellt
Nach langer Suche ist die neue künstlerische Leitung des Wiener Tanzquartiers (TQW) gefunden: Die aus der Dominikanischen Republik stammende Choreografin Isabel Lewis und der langjährige ImPulsTanz-Kurator und Kulturmanager Rio Rutzinger übernehmen die Leitung des Hauses als Duo ab der Saison 2025/26. Sie folgen auf Bettina Kogler, die an die BIT Teatergarasjen im norwegischen Bergen wechselt. Gerda Saiko wird - wie bereits bekannt - als kaufmännische Leiterin bestellt.
Diese Entscheidung gab Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) am Mittwoch bekannt: "Rio Rutzinger ist ein Urgestein der Szene und bringt viel Kenntnis zur Geschichte des Tanzes und der Performance mit", so Kaup-Hasler, die Rutzinger im Rahmen der Vorstellung als "absoluten Fachmann und fantastischen Vernetzer" bezeichnete. Isabel Lewis, die derzeit noch in New York lebt und heute per Video-Schaltung aus Berlin nur virtuell dabei war, beeindrucke vor allem durch ihre kollaborative, partizipatorische Praxis und verfolge "eine zutiefst politische Agenda auf dem Feld des Tanzes", so die Stadträtin, die sich über das "Aufschlagen eines neuen Kapitels" im Tanzquartier freute.
Die Verlängerung der Ausschreibungsfrist habe sich als "sehr positiv" erwiesen. So habe es im zweiten Anlauf 17 vollständige Bewerbungen gegeben, wovon fünf Einreichungen von Personen kamen, die sich bereits zum ursprünglichen Bewerbungsende beworben hatten. Die Jury hatte schließlich sechs Bewerber zum Hearing eingeladen, der Vorschlag für Lewis und Rutzinger sei einstimmig erfolgt. "Manchmal brauchen gute Dinge Zeit", so Kaup-Hasler. Die Verlängerung der Frist habe schließlich überhaupt erst dazu geführt, dass sich Lewis und er beworben hätten, erzählte Rutzinger. Es sei Zufall gewesen, dass ihm Lewis erzählt habe, eventuell nach Wien ziehen zu wollen - so sei sehr spontan im August die Idee entstanden, sich gemeinsam zu bewerben.
Lewis kennt das Tanzquartier seit ihrem ersten Besuch in den frühen 2000er-Jahren, wie sie sagte. Sie freue sich besonders, dass das TQW mitten in der Stadt angesiedelt sei, zu ihren gemeinsamen Zielen zählen die beiden eine vermehrte Öffnung des Hauses, Kooperationen mit anderen Institutionen (in- und außerhalb des Museumsquartiers) und eine stärkere Verschränkung von Produktionen, Recherche, Bildung und Training. Das Tanzquartier sei nicht nur ein Ort, sondern ein "state of mind", also ein "Geisteszustand". Man sehe das Haus als "Ort des Träumens und Ausprobierens", so Rutzinger.
Die neue kaufmännische Geschäftsführerin Gerda Saiko sieht sich mit dem künstlerischen Leitungsduo als eng verwobenes Trio, künftig stehe - neben der Hoffnung auf Subventionserhöhungen - auch die Akquise von Drittmitteln und Sponsoren auf der Agenda. In diesem Zusammenhang verwies Kaup-Hasler auf ihr stetes Bemühen, die Kulturszene bestmöglich zu unterstützen, man müsse jedoch auch den Realitäten ins Auge sehen. So werde es immer wichtiger, Ressourcen unterschiedlicher Institutionen gemeinsam zu nutzen und zugänglich zu machen. Derzeit ist das Tanzquartier jährlich mit 3,4 Mio. Euro dotiert, für 2024 habe es eine Sonderförderung von 300.000 Euro gegeben.
Isabel Lewis wurde 1981 in der Dominikanischen Republik geboren und absolvierte Ausbildungen in Tanz und Choreografie, Literaturkritik und Philosophie. Das Spektrum ihrer Arbeit reicht von Lecture Performances und Workshops bis zu Listening Sessions, Installationen, Publikationen und dem, was sie "hosted occasions" nennt. Ihre Arbeiten waren bisher u.a. am Archiv der Avantgarden (2024), in den Sophiensaelen (2023), auf der Son Biennale (2023) oder beim Roskilde Festival (2019) zu erleben. Lewis ist Professorin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und leitet seit 2021 die Klasse für Performative Künste.
Der 1969 geborene Oberösterreicher Rio Rutzinger startete 1991 als Mitarbeiter des Workshopfestivals von ImPulsTanz, dessen künstlerischer Leiter er heute gemeinsam mit Fio Losin ist. Ein zweijähriges Sabbatical von seiner Tätigkeit in Wien führte zu Engagements als Company Manager der Tanzcompagnien von Randy Warshaw (1995) und Stephen Petronio (1996) in New York. Seit 2003 ist er Direktor der EU-geförderten Netzwerkinitiative danceWEB. Nach 33 Jahren bei ImPulsTanz ist es laut Kaup-Hasler "Zeit für einen Wechsel". (APA)
Bild: Stadt Wien / Lukas Fuchs