Bildung: Jetzt braucht es einen Ruck nach vorn
Zum zweiten Mal ging das so genannte Bildungsfestival - eine Initiative des Wiener Bildungsressorts unter der Leitung der NEOS - im Erste Campus über die Bühne. Rund 900 Pädagog*innen, Netzwerker*innen oder Menschen aus anderen Teilbereichen der Bildung sind dem Ruf wieder gefolgt.
Bildung kommt zuletzt nicht aus den Negativschlagzeilen - nicht nur in Wien, sondern auch in Gesamt-Österreich. Die Zahl der so genannten außerordentlichen Schüler*innen steigt und steigt. Fast 45 Prozent der Wiener Erstklässler*innen in einer öffentlichen Schule haben einen außerordentlichen Status - sprich, sie müssen in so genannten Deutschförderklassen unterrichtet werden. Und zwar separat von jenen, die eine Regelschule besuchen. Ein Grund, warum sich die Organisation des Bildungsfestivals heuer dazu entschied, den Fokus des Festivals auf die Elementarpädagogik zu legen.
Die Lehrkörperschaft, die am Mittwoch wieder teilgenommen hat, zeigt sich über diesen Umstand sehr erfreut. Die Anspannung, die durch den Ansturm von Kindern, die nicht genug Deutsch sprechen können, um den Unterricht folgen zu können, ist unter den Pädagog*innen hoch. "Schwerstarbeit müssen diese leisten", so etwa auch der stark wahrnehmbare Tenor in der Bevölkerung, vielfach auch ausgelöst durch persönliche Kontakte. Oder eben auch durch den Kinostreifen "Favoriten" von Ruth Beckermann, der einen eindrucksvollen - aber vielfach auch beklemmenden Eindruck in der Bevölkerung zur aktuellen Situation an vielen Ballungsraumschulen hinterlassen hat.
Deutsch ist allumfassendes Thema
Die von der Bundes-ÖVP eingeführten Deutschförderklassen funktionieren aktuell nicht, so Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) gegenüber W24-Chefredakteur Hannes Huss beim Wiener Bildungsfestival. "Es gibt insgesamt zu wenige Ressourcen, zu wenige Mittel in der Deutschförderung", sagt Wiederkehr, der aktuell im NEOS-Verhandlungsteam für die etwaige künftige ÖVP-SPÖ-NEOS-Bundesregierung sitzt. Dass es jetzt einen Ruck nach vorn brauche, um Kinder bestmöglich zu integrieren und um sie auf ein gutes Leben in Österreich vorzubereiten, dürfte wohl in aller Dringlichkeit bei allen Parteien in Österreich angekommen sein.
Zumindest zwei verpflichtende Kindergartenjahre müssten es sein, um Kinder mit schweren sprachlichen Defiziten oder sozialen Problemen in die richtige Richtung lenken zu können. Dazu brauche es mehr Personal im pädagogischen Bereich, Schulsozialarbeiter*innen oder weiteres Fachpersonal, die unterstützend wirken.
Aber nicht nur migrantische Kids befinden sich zunehmend in einer schwierigen Position. Das Smartphone, diverse dubiose Echokammern in sozialen Medien, die etwa religiösen Fanatismus oder fragwürdige Trends verherrlichen - oder eben auch psychische Herausforderungen, die in der Corona-Krise für Kinder und Eltern gleichermaßen noch viel größer geworden sind, bringen das heimische Bildungssystem langsam aber sicher an seine Grenzen.
Das Bildungsfestival bot somit zahlreiche lebhaften Debatten für die Besucher*innen. So gab es in den Räumlichkeitenm des Erste Campus immerhin eine kurze Verschnaufpause vom anstrengenden Bildungsalltag, ein Treffpunkt für alle, die Bildung neu denken wollen. Ebenso gefragt: praxisorientierte Workshops und die erstmals umgesetzte Bildungsstadt und ein interaktiver Raum für kreative Begegnungen. (hh)