Aufschrei gegen Frauenmorde
Angesichts der jüngsten Tötungen von Frauen in der vergangenen Tagen hat der Bundesverband der Gewaltschutzzentren am Freitag auf einer Pressekonferenz in Wien rechtliche Reformvorschläge auf den Tisch gelegt. So fordert der Verband unter anderem, dass bei Gefährdern, gegen die eine einstweilige Verfügung ausgesprochen wird, auch bei Vorliegen eines vorangegangen Betretungsverbotes eine Gewaltpräventionsberatung angeordnet werden könne.
Seit Juli 2022 besteht die Möglichkeit, dass Bezirksgerichte im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen Gefährder auch eine verpflichtende Gewaltpräventionsberatung anordnen können. "Wenn die gefährdende Person aber schon einmal nach einem Betretungs- und Annäherungsverbot diese Beratung konsumiert hat, dann ist es nicht mehr möglich, dass das Gericht diese noch einmal auferlegt", sagte Karin Gfölly, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes vor Medienvertretern. "Wir sind aber der Meinung, dass das kein Ausschlussgrund sein soll", so Gfölly.
Eine Zuweisung zu einer Beratung im Rahmen einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung sei zudem nur bei Fällen von häuslicher Gewalt möglich, nicht aber bei Stalking. "Wenn ein Stalking-Opfer aber Anzeige erstattet und damit auch eine persönliche Annäherung verbunden ist, dann hat die Polizei die Möglichkeit, aufgrund dessen ein Betretungsverbot auszusprechen", so Gfölly. Sö könne dann auch eine Zuweisung zur Gewaltpräventionsberatung erfolgen, nicht aber im Rahmen einer einstweiligen Verfügung.
Gfölly plädierte zudem für eine Neuerung im Sicherheitspolizeigesetz (SPG), die bei Verlängerung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes eine Benachrichtigung an den Gefährder durch die Polizei vorsieht. Betretungsverbote gelten grundsätzlich für 14 Tage und können durch Beantragung beim Bezirksgericht verlängert werden. Derzeit erfolgt die Benachrichtigung an den Gefährder per Post durch das Bezirksgericht. "Da kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass die Frist zu knapp ist. Diese 14 Tage sind abgelaufen und die gefährdende Person hat noch nicht erfahren, dass ein Antrag eingebracht wurde", sagte die Expertin. Zwar gebe es engagierte Richterinnen und Richter sowie Polizistinnen und Polizisten. "Es soll aber nicht vom Engagement einzelner Personen abhängen, ob diese Verständigung rechtzeitig passiert", so Gfölly.
Innerhalb von 24 Stunden waren am Freitag vergangener Woche zuerst eine Mutter und ihre 13-jährige Tochter in Wien-Landstraße und am späteren Abend drei Prostituierte in einem Bordell in Wien-Brigittenau getötet worden. Diesen Montag wurde der nächste Fall einer 84-Jährigen im niederösterreichischen Bezirk Lilienfeld bekannt, die von ihrem 93-jährigen Ehemann getötet worden sein soll.
Vor diesem Hintergrund folgten am Freitag in Wien mehrere Dutzend Menschen dem Aufruf des Österreichischen Frauenrings zu einem "Schreitag". Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schrien am Freitagmorgen minutenlang vor dem Innenministerium aus Unmut über die jüngsten Fälle. Am Wiener Minoritenplatz kam es zu Pfeifgeräuschen und Trommellärm sowie gemeinsam skandierten Slogans wie "Stoppt Femizide, man tötet nicht aus Liebe".
51 versuchte Tötungen an Frauen und 27 Femizide habe es allein 2023 gegeben, in diesem Jahr sieben Tötungen und neun Mordversuche, erinnerte Frauenring-Vorsitzende Klaudia Frieben. Darüber hinaus appellierte Frieben an die Politik, alle Maßnahmen zu ergreifen, "um Männergewalt an Frauen und Femizide sofort zu stoppen". Jede Frau könne "Opfer eines Femizids werden, egal wie alt sie ist, woher sie kommt, was sie arbeitet". (APA/Red)