Warnstreik: Lieferant*innen lassen Räder stehen
Bei rund 2.000 Fahrradbotinnen und Essenszustellern gibt es am heutigen Donnerstag eine Betriebsversammlung, die in einen Warnstreik übergeht. Grund sind KV-Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebern. Ausstände gibt es in Wien, Graz, Innsbruck und Klagenfurt, berichtete die Gewerkschaft vida. Demnach liefern die Radler der Speisenlieferdienste Lieferando und Foodora ihre Arbeit von 13 bis 15 Uhr nieder.
Nach vier Verhandlungsrunden lag das Angebot der Arbeitgeber laut Gewerkschaft weiter bei "nur 5,8 Prozent. Das deckt nicht einmal die von der Gewerkschaft vida geforderte rollierende Inflation in Höhe von 8,7 Prozent ab". Die Beschäftigten hätten sich daher in Abstimmungen und Versammlungen mit überwiegender Mehrheit für diesen Arbeitskampf ausgesprochen.
"Die geforderte Erhöhung um 8,7 Prozent würden alleine die reinen Personalkosten arbeitgeberseitig auf stattliche 19 Euro pro Stunde treiben", argumentierte Lieferando dagegen. "Die dafür nötigen Preisaufschläge würden Kunden nicht mitgehen, kann sich niemand leisten."
"Sie haben uns keine Wahl gelassen. Die Arbeitgeber haben sich keinen Millimeter Richtung volle Inflationsabgeltung bewegt", argumentierte Toni Pravdic, KV-Verhandlungsleiter der Gewerkschaft vida, den Warnstreik. Man wolle weiterverhandeln. "Es geht hier um Lohnerhöhungen für Beschäftigte in einer Niedrigentlohner-Branche. Die Arbeitgeber wollen ihnen bei einem Einkommen von 1.730 Euro brutto im Monat bei einer 40-Stunden-Woche keine Inflationsabgeltung gönnen. Wir fordern mehr Wertschätzung für die Arbeit der Rider und das muss sich natürlich auch auf dem Konto sichtbar widerspiegeln", so Pravdic.
"Die genannten Verhandlungen beziehen sich auf die Gruppe der echten Dienstnehmer", hieß es von Foodora. Es gebe aber auch viele freie Dienstnehmer, die sich bewusst so entscheiden würden. Man habe Inputs in die Verhandlungen gebracht, sei aber kein tatsächlicher Verhandlungspartner. "Im Sinne aller Beteiligten wünschen wir uns einen raschen und für beide Seiten tragbaren Kompromiss, den auch wir selbstverständlich mittragen werden." Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer seien kranken-, unfall-, pensions- und arbeitslosenversichert und verdienten im Durchschnitt 13,20 Euro pro Stunde.
"Leistung bei jedem Wetter und hoher körperlicher Anstrengung sollte sich lohnen und darf nicht zu Armut und verzweifelten Lagen führen", hieß es von Fabian Warzilek, Betriebsratsvorsitzender bei Lieferando und Mitglied des vida-KV-Verhandlungsteams. Wie soll man nach zwei Jahren extremer Teuerung noch seine laufenden Rechnungen für Energie, Wohnen und Lebensmittel begleichen können, wenn man die Teuerung nicht abgegolten bekommt?", fragte er. "Hier geht es nicht um die Anhebung von Luxusgagen, sondern um ein Leben in Würde und ohne Schulden." Sollten die Arbeitgeber keine Einsicht zeigen, sei eine Fortsetzung und Ausweitung der Arbeitskampfmaßnahmen nicht ausgeschlossen.
Die Lieferfirmen - Töchter großer internationaler Konzerne - fordern auch "zuerst faire Wettbewerbsbedingungen durch vergleichbare Beschäftigungsmodelle für vergleichbare Arbeit bei vergleichbaren Anbietern", wie es Lieferando formulierte. "Sonst führen einseitige Erhöhungen zu noch mehr freien Dienstnehmern in prekären Verhältnissen, auch zulasten der Sozialsysteme und Steuerzahler." (APA)
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