Schließen
Albertina: Zwischen Ausblick und Abschied Albertina: Zwischen Ausblick und Abschied
Kultur

Albertina: Zwischen Ausblick und Abschied

Der dritte Standort Albertina Klosterneuburg eröffnet am 9. April - Albertina mit großer Lichtenstein-Schau.
Alessa Däger
Dienstag, 16. Jänner 2024
Verfasst am 16.01.2024 von Alessa Däger

Die Albertina erweckt das ehemalige Essl Museum in Klosterneuburg zu neuem Leben: Am 9. April öffnet das Haus, das einen großen Teil der Sammlung nach 1945 "gleichsam in einer Art Schaudepot" zeigen wird, als dritter Standort neben der Albertina und der Albertina modern seine Tore. Ein Schwerpunkt wird der Skulptur gewidmet. Das gab Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder am Dienstag bei seiner letzten Jahrespressekonferenz vor dem Direktionswechsel 2025 bekannt.

"Es ist nicht nur unsere Aufgabe zu sammeln, sondern die Werke auch zu zeigen", so Schröder mit Verweis auf die ausgeschöpften räumlichen Erweiterungsmöglichkeiten in der Wiener Innenstadt. Das Haus in Klosterneuburg ermögliche es, Werke zu zeigen, die selten oder - etwa aus Platzgründen - nie der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten. Auch könne man in Klosterneuburg binnen kurzer Zeit Werke, die etwa für die Wissenschaft interessant sind, aus dem Depot holen und herzeigen. Auch für große Skulpturen werde es im Haus Platz geben, so werde etwa erstmals eine monumentale Video-Skulptur von Marie-Jo Lafontaine ausgestellt.

Geöffnet sein soll das Haus, in dem rund 100 großformatige Werke gezeigt werden sollen, künftig immer von etwa Mitte März bis Anfang November (Donnerstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr), die ersten zwei Hängungen wird Schröder mit seinem Team selbst vornehmen. Shuttle-Services aus Wien wie zu Essl-Zeiten werde es nicht geben, langfristig soll das Grünareal um das Museum herum als Skulpturengarten genützt werden, sobald die temporären Schulbauten, die sich derzeit dort befinden, abgesiedelt werden.

Über eine etwaige eigene Leitung für das Haus werde sein Nachfolger Ralph Gleis entscheiden, der sich "sehr über diesen neuen Standort" freut. Zusätzliche Subventionen werde der Betrieb nicht erfordern, zumal das Haus bereits seit 2017 als Depot angemietet und betrieben wird. Allerdings wird der Betrieb zusätzlich zu den Eigenmitteln vom neuen Jahrespartner - dem Verbund - unterstützt. Dieser findet sich indirekt auch im Ausstellungsprogramm 2024 wieder, feiert die Sammlung Verbund doch ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer Ausstellung mit Neuerwerbungen im Kontext von "Gender, Identity & Diversity". Einen direkten Zusammenhang zwischen Förderung und Ausstellung stellte Schröder jedoch in Abrede und verwies auf die Sammlungsleistung im Bereich feministischer Avantgarde.

Das weitere Jahresprogramm in der Albertina reicht von Roy Lichtenstein und Chagall in der Albertina bis zu einer Erwin Wurm-Retrospektive in der Albertina modern: Anlässlich des 100. Geburtstags des Pop Art-Künstlers Lichtenstein sind ab 8. März über 90 Gemälde, Skulpturen und Grafiken zu sehen. Diese stammen zu einem Großteil aus jener umfassenden Schenkung, die die Albertina 2023 von der Lichtenstein-Stiftung erhalten hat. Die zeitgenössische Fotografie würdigt man mit einer Retrospektive des US-Amerikaners Gregory Crewdson ab 29. Mai, im Herbst folgt dann die große Chagall-Schau mit rund 90 Werken des Künstlers. In der Albertina modern stehen u.a. eine Schau zur Diversität der zeitgenössischen Sammlungen der Albertina sowie eine Erwin Wurm-Retrospektive zu dessen 70. Geburtstag auf dem Programm.

Weitere Ausstellungen widmet die Albertina, die mit ihrer Vorjahresbesucherzahl von insgesamt über 1,2 Mio. Besuchern "wieder an das Niveau vor Coronazeiten" anknüpfen konnte, u.a. der 1955 in Budapest geborene Künstlerin Eva Beresin ("Thick Air"), dem 205 verstorbenen österreichischen Maler Franz Grabmayr oder dem US-Künstler Robert Longo mit seinen fotorealistischen Bildern. Eine "revolutionäre Ausstellung" steht im Herbst mit "Egon Schiele - Adrian Ghenie" auf dem Plan, wenn der rumänische Künstler "Schieles verlorene Werke", die nur von Schwarz-Weiß-Fotografien bekannt sind, "zurück ins Sein bringt". Als letzte Schau wird die Sammlung Othmar Huber ab 8. November gezeigt, der bereits in den 1930ern Arbeiten von u.a. Klee, Kandinsky oder Jawlensky erwarb. International freut sich die Albertina, dass mit den Sammlungsbeständen von Werken von Alex Katz ein neues Museum in Incheon (Südkorea) eröffnet wird.

Rückblickend auf das vergangene Jahr freute sich Schröder über Schenkungen im Wert von fast 50 Mio. Euro. Neben über 100 Werken aus der Schenkung der Lichtenstein Foundation wurde die Fotosammlung durch 182 Fotografien von Gregory Crewdson und 350 Fotografien von Joel Sternfeld erweitert. Was seine persönliche Zukunft ab 2025 angeht, ließ sich Schröder nicht in die Karten blicken. Derzeit habe er mit den Planungen für die Ausstellungen sowie den neuen Standort genug zu tun. "Gerüchte, dass ich jetzt schon einen Nachruf verdiene, sind verfrüht (apa)."