

Ernüchterung und Fragezeichen bei der Wiener ÖVP
In der ÖVP hat nach der Hochrechnung bei der Wien-Wahl Ernüchterung geherrscht. Man müsse bei so einem Ergebnis "alles in Frage stellen", sagte die ÖVP-Landtagsabgeordnete Ingrid Korosec zur APA. Auch die Wiener Nationalratsmandatarin Romana Deckenbacher sprach von einer "mittleren Katastrophe". Spitzenkandidat Karl Mahrer rief bei einer Rede in der Parteizentrale am Abend hingegen zur Zuversicht auf. Aktuell hält die Landes-Volkspartei bei knapp unter zehn Prozent.
Das war bisher erst einmal, nämlich 2015, der Fall. Es handle sich um "ganz schmerzliche Verluste", meinte Mahrer, der von den verbliebenen Wahlparty-Gästen mit enthusiastischem Applaus begrüßt wurde. Das Minus von etwa 11 Prozentpunkten versuchte er einzuordnen. So seien die Jahre 2017 bis 2021 - unter der Obmannschaft von Sebastian Kurz - "ganz außergewöhnliche Jahre" für die ÖVP gewesen. Seither hätten die meisten Landesparteien zwischen 8 und 11 Prozent verloren. Noch 2020 kam die ÖVP in Wien auf 20,4 Prozent.
Mahrer: Realistische Chance auf Koalition
Alles sei relativ, meinte Mahrer, der sich bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Funktionärinnen und Funktionären für einen Wahlkampf mit viel Kreativität und Herzblut bedankte. Die Chance, dass die ÖVP in Wien in eine Koalition mit der SPÖ komme, sei weiterhin "sehr realistisch", meinte der Spitzenkandidat. Dass seine Partei stark genug wird, um Regierungsverantwortung zu übernehmen, sei auch immer sein Wahlziel gewesen.
Kritischer äußerten sich andere ÖVP-Funktionärinnen. Man könne nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, meinte Korosec, wahrscheinlich müsse man neue Wege einschlagen. In den nächsten Tagen brauche es eine genaue Analyse. Es sei nicht ein Fehler, sondern es seien viele Fehler passiert, meinte sie. Zu einer Koalition mit der SPÖ sei man weiterhin bereit. Gefragt, ob Spitzenkandidat Mahrer die Gespräche mit den Sozialdemokraten führen soll, meinte sie, alles sei zu hinterfragen. Mahrer selbst hatte zuvor auf die Frage, ob er an einen Rücktritt denke, auf die Parteigremien in den nächsten Tagen verwiesen.
Ergebnis "enttäuschend und traurig"
Deckenbacher wollte sich zur Frage, ob es personelle Konsequenzen brauche, nicht äußern. Das müsse die Landespartei entscheiden. Das Ergebnis sei jedenfalls "enttäuschend und traurig", meinte die Abgeordnete. Sie hält daran fest, dass die ÖVP im Wahlkampf auf die richtigen Themen - Bildung, Sicherheit und Leistung - gesetzt habe. Es brauche nun eine genauere Analyse, warum es zu dem Ergebnis gekommen ist.
Landesparteiobmann-Stellvertreterin und Landtagsabgeordnete Elisabeth Olischar wollte im Gespräch mit der APA indes nicht an Mahrer als Landesparteiobmann rütteln. Dieser sei ein "toller Spitzenkandidat" gewesen, die Frage nach einem Wechsel stelle sich derzeit nicht, sagte sie nach der ersten Hochrechnung. Die Hand zur SPÖ bleibe ausgestreckt, schließlich würde die ÖVP Lösungen für viele Probleme bieten, die es in Wien gebe. (APA)